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Neues Futter für lange Nächte

DAS SOLLTEN SIE DIESES JAHR SEHEN Für Serienjunkies hat 2017 viel zu bieten – einiges ist allerdings nur aufgewärmt

Liebe: Nomi Marks (Jamie Clayton, r.) und Amanita (Freema Agyeman) in der Serie „Sense8“ Foto: Netflix

von Nora Belghaus und Peter Weissenburger

Die Serie ist als Erzählformat fast schon so wichtig wie der Kinofilm. Früher leichte Fernsehunterhaltung im Wochen­trott, hat die Serie mit ernsteren Stoffen, Starbesetzung und größeren Budgets an Ansehen gewonnen.

Zudem haben Streaming und Bingewatching die Seh- und in der Konsequenz die Drehgewohnheiten verändert. Worauf also sollten wir 2017 achten?

Waren Sie schon einmal FeministIn und frustriert, dass Sie nach all den gesammelten Erkenntnissen über das Patriarchat doch wieder dem charmanten Macho verfallen? Im ersten Halbjahr 2017 erscheint bei Amazon Prime I love Dick, die Serienadaption von Chris Klaus’ gleichnamigem Bestseller, der etwa zeitgleich auf Deutsch erscheinen wird. Die Serie handelt von einer Obsession für Kevin Bacon … also nein, für „Dick“, der von Bacon gespielt wird. Eine Pilotfolge veröffentlichte Amazon schon 2016.

Bei der britischen BBC dagegen wird es ab 7. Januar düster-historisch. In der von Ridley Scott produzierten Industrialisierungs-Miniserie Taboo kehrt ein totgeglaubter Firmen­erbe Anfang des 19. Jahrhunderts nach London zurück und muss das Imperium seines Vaters gegen Neider verteidigen. Mit dabei, und zwar in fabulösem Steampunk-Outfit: Franka Potente.

2017 bringt auch einige neue Staffeln beliebter Formate. Sense8 etwa. Mit der Sci-Fi-Erzählung über acht Personen, die mental verbunden sind, haben Lana und Lily Wachowski (Matrix) 2015 die Serie ins Zeitalter des Bingewatching überführt. Sense8 lebt von dem Spiel mit ineinander übergehenden Bild- und Klangwelten und einem für die USA erstaunlich langsamen Erzähltempo. Ganz nebenbei ist es ein Beispiel dafür, wie sich queere Charaktere unaufgeregt in Mainstream-Formate integrieren lassen. Staffel 2 steht am 5. Mai auf Netflix bereit – keine Sorge, das ist ein Freitag!

Und noch eine neue Staffel, allerdings nach gut 15 Jahren Pause: Überraschend hatte David Lynch 2014 eine Fortsetzung seiner Erfolgsserie Twin Peaks vom Anfang der 1990er Jahre angekündigt. Im ersten Quartal 2017, so der US-Sender Showtime, ist es so weit, dann wird in der schrägen Kleinstadt an der kanadischen Grenze wieder gemordet, intrigiert – und vermutlich gevögelt wie blöd. Eigentlich ist es ermüdend, wie viel aus den letzten 30 Jahren recyclet wird. Aber in diesem besonderen Fall wollen wir das mal durchgehen lassen.

Auch einige international längst berühmte Serien kommen 2017 nach Deutschland. Das mag Hardcore-Fans nicht interessieren, die diese schon legal oder illegal gestreamt haben – aber vielleicht die immer noch etwas internetmuffelige Verwandtschaft.

Originale aus Deutschland? Gibt’s nicht ohne die allerplattesten Klischees

Arte bringt ab 19. Januar endlich die britische Krimiserie Fortitude von 2015. In einer arktischen Kleinstadt kommt es zu mehreren äußerst brutalen Todesfällen, die irgendwie mit den Planungen für ein neues Hotel zu tun haben. Die Serie mit Starbesetzung (Sofie Gråbøl, Michael Gambon) spielt mit Krimi-, aber auch mit Mystery-Elementen, ähnlich wie der schon 2016 auf Arte ausgestrahlte Mehrteiler „Jordskott“ – nur mit Eis- anstelle von Waldlandschaften.

Während die Hackerserie Mr. Robot schon seit 2015 im US-amerikanischen Fernsehen läuft, gibt es sie für deutsche Zuschauer bisher nur bei Amazon Prime. Hier hackt sich ein süßer, blasser Nerd mit psychischen Problemen durch die Computer eines bösen Großkonzerns. Ab Herbst soll die Serie bei RTL Nitro im Free-TV laufen, vorher möchte RTL damit aber noch mal Geld verdienen und strahlt sie ab 8. Februar auf dem Bezahlkanal RTL Crime aus.

Und wie sieht’s mit Originalen aus Deutschland aus? Gibt’s auch, allerdings mal wieder nicht ohne die allerplattesten Klischees. Ab 5. Januar hüpft bei RTL eine sexy polnische Alternpflegerin durchs Bild. Titel: Magda macht das schon. Hintergrund: Mehrere hunderttausend osteuropäische Pflegekräfte arbeiten in Deutschland, oft bei schlechten Arbeitsbedingungen. RTLs kritische Auseinandersetzung mit dem Thema: „Viel Spaßski!“. Okay, vielleicht ein andermal.

Beim Pay-TV-Sender TNT Serie startet indes im Frühjahr der Sechsteiler 4 Blocks über einen arabischen Familienclan in Neukölln. Da wird viel geraunt, Wasserpfeife geraucht und vor Plattenbauten gestanden – und hat doch eine Chance verdient.

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