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Streit um befristete TeilzeitNahles’ Pläne in der Kritik

Metall-Arbeitgeber befürchten, dass die Personalplanung in Unternehmen durch das Recht auf befristete Teilzeit erschwert wird.

Nur halb durchdacht? Andrea Nahles' Vorschlag zur Teilzeit Foto: dpa

Berlin taz | Der Arbeitgeberverband Gesamtmetall hat die Pläne von Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) für zeitlich begrenzte Teilzeitarbeit als Etikettenschwindel kritisiert. Der Verband befürchtet, dass die Beschäftigten durch den Gesetzentwurf die Möglichkeit erhalten, zu jedem beliebigen Zeitpunkt wieder auf einer Rückkehr in Vollzeit zu bestehen.

„Der Gesetzentwurf soll, so steht es vorne drauf, einen Anspruch auf befristete Teilzeit schaffen, es also einem Arbeitnehmer beispielsweise ermöglichen zu sagen: Ich gehe jetzt für zwei Jahre in Teilzeit und kehre danach zurück in Vollzeit. So, wie der Gesetzentwurf formuliert ist, würde er allerdings dazu führen, dass der Arbeitnehmer faktisch die Möglichkeit erhält, zu jedem beliebigen Zeitpunkt wieder in Vollzeit gehen zu können, selbst wenn zwei Jahre Teilzeit ausdrücklich vereinbart waren. Das macht jede Personalplanung unmöglich“, sagte Martin Leutz, Sprecher von Gesamtmetall.

Der Gesetzentwurf gesteht Beschäftigten in Betrieben mit mehr als 15 Angestellten das Recht zu, mit ihrem Arbeitgeber eine befristete Teilzeit zu vereinbaren und danach ihre Arbeitszeit wieder auf die einer Vollzeitstelle zu verlängern. Das Arbeitsverhältnis muss zuvor mindestens sechs Monate bestanden haben, die Beschäftigten müssen die Teilzeit mindestens drei Monate vorher beantragen.

Der Entwurf enthält einen Passus, nach dem Arbeitnehmer auch in der Phase einer befristeten Teilzeit die vorzeitige Rückkehr auf ihre Vollzeitstelle verlangen können. Der Arbeitgeber muss das „bevorzugt“ berücksichtigen, es sei denn, kein entsprechender Arbeitsplatz ist vorhanden, der teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer ist „nicht mindestens gleich geeignet wie ein anderer Bewerber“, „dringende betriebliche Gründe“ oder die „Arbeitszeitwünsche anderer teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer“ stehen dem entgegen. Dieser Passus ist den Arbeitgebern ein Dorn im Auge.

Bisher schon können Teilzeitbeschäftigte in der Metallindustrie, die ihre Arbeitszeit verlängern wollen, in 98 Prozent der Fälle dies auch tun, sagte Leutz. Holger Schäfer vom arbeitgebernahen Institut der Deutschen Wirtschaftsforschung (IW) verwies auf Erhebungen, wonach nur 14 Prozent der Teilzeitbeschäftigten deshalb in Teilzeit arbeiteten, weil keine Vollzeitstelle zu finden war.

Angesichts des Fachkräftemangels sind die Arbeitgeber froh, wenn eine Teilzeitbeschäftigte ihre Arbeitszeit verlängern will

Arbeitszeitberater Jan Kutscher

Angesichts des Fachkräftemangels „sind die Arbeitgeber froh, wenn eine Teilzeitbeschäftigte ihre Arbeitszeit verlängern will“, sagte der Berliner Arbeitszeitberater Jan Kutscher. Er wies darauf hin, dass das neue Gesetz nichts daran ändern würde, dass in Branchen wie etwa der Gastronomie, dem Einzelhandel und den ambulanten Pflegediensten mit bestimmten Spitzenzeiten am Tag ein großer Bedarf an Teilzeitkräften bestehe.

Der Gesetzentwurf ist ein Referentenentwurf, der noch zwischen den Ministerien abgestimmt werden muss.

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1 Kommentar

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  • So so. "Der Arbeitgeberverband Gesamtmetall" (who the fuck...?) "befürchtet" also, dass sich plötzlich auch der gemeine Arbeiter herausnehmen könnte, was bisher Privileg der Chefs war: selbst zu entscheiden, wann Teil- und wann Vollzeit nötig ist. Und das, obwohl sich beide Seiten einig werden müssten und ziemlich klar ist, wer am "langen Hebel" sitzt.

     

    Wer sich des Orwellschen "Neusprechs" bedienen will, der kann diesen "Metall-Arbeitgebern" (die offenbar nicht gern Gesicht zeigen) jetzt vorwerfen, sie wären nicht lösungs- sondern problemorientiert. Wer sich der einfachen Sprache bedienen will, der kann auch sagen, dass sie feige sind. Beides ist wahr – und qualifiziert die Bedenkenträger nicht unbedingt für eine Führungsrolle.

     

    Den "Metall-Arbeitgebern" ist das selbstverständlich wurscht. Ein Schamgefühl können die sich vermutlich gar nicht leisten, so schwer umkämpft, wie ihre Branche angeblich gerade ist. Und offenbar müssen sie auch keinen fürchten, der sie am Fest-nach-unten-Treten hindern will. Schon gar nicht die Andrea Nahles. Die kuscht, wenn sie der Sigmar mit dem großen Maul auch nur scharf anguckt nach dem "Spitzentreffen" bei Rotwein am Kamin. Wer mit der Konkurrenz schon nicht zurande kommt, der muss ja wenigstens nach unten treten dürfen, da sind die Herren an der Spitze sich wahrscheinlich ziemlich einig.

     

    Und was ist mit den einst so stolzen deutschen Facharbeitern? Die haben Angst um ihren Job – und kein Vertrauen in die Politik. Wenn ihnen "ihre" SPD nichts schenkt und auch die anderen nicht aus den Puschen kommen, sind sie mit dem zufrieden, was so abfällt von den Tafeln ihrer "Arbeitgeber". Man kann ja immer noch vom potentiellen Aufstieg träumen - das Aschenputtel ist ja schließlich mittlerweile gleichberechtigt. Es kost' auch gar nicht viel. Man braucht nur seinen blöden Stolz an einen krummen Nagel hängen. An Leuten, die sich gern nach oben schlafen wollen, war hierzulande nie ein Mangel.