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Rätselraten überAnis Amris Kontaktmann

TERROR Bundesanwaltschaft lässt Verdächtigen frei. Attentäter hatte noch aus Tat-Lkw gesimst

Amri kündigte Gewalt gegen die „Kreuzzügler“ an

BERLIN taz/dpa | Kein Haftbefehl für einen 40-jährigen Tunesier aus Berlin: Die Bundesanwaltschaft teilte am Donnerstag mit, der Verdacht, dass der Mann in Kontakt mit dem Berlin-Attentäter Anis Amri stand, habe sich nicht erhärtet. Er war am Mittwoch festgenommen worden.

Anis Amri soll am 19. Dezember mit einem Lkw in den Weihnachtsmarkt auf dem Berliner Breitscheidplatz gefahren sein. Zwölf Menschen starben, 55 wurden teils schwer verletzt. Amri wurde vier Tage später in Italien bei einem Schusswechsel mit Polizisten getötet.

Noch während der Lkw-Fahrt soll Amri laut Bundesanwaltschaft einer Kontaktperson eine Sprachnachricht und ein Foto geschickt haben. Wer der Adressat war, bleibt nun weiter unklar.

Amris Bekennervideo stuft die Bundesanwaltschaft derweil als authentisch ein. Es sei tatsächlich der 24-Jährige, der dort zu sehen sei, sagte die Sprecherin. In der Aufnahme bekennt sich Amri zum IS-Anführer Abu Bakr al-Bagdadi und kündigt Gewalt gegen die „Kreuzzügler“ an.

Amri war früh im Visier der Behörden. Schon im April führte die Staatsanwaltschaft Duisburg ein Ermittlungsverfahren wegen Betrugs gegen ihn, wie ein Sprecher mitteilte. Der Tunesier soll im November 2015 kurzzeitig doppelt Sozialleistungen bezogen haben.

NRW und Berlin, wo Amri die meiste Zeit lebte, führten ihn ab dem Frühjahr auch als Gefährder. Mindestens sieben Mal soll seine Personalie laut Süd­deutscher Zeitungim Gemeinsamen Terrorismusabwehr­zent­rum (GTAZ) in Berlin besprochen worden sein. Bekannt wurde, dass Amri Kontakt zum „Islamischen Staat“ suchte und sich als Selbstmordattentäter anbot. Dass Amri einen konkreten Anschlag plant, sei im GTAZ allerdings verneint worden. Im November verloren ihn die Sicherheitsbehörden aus dem Blick.

In NRW soll sich nächste Woche der Innenausschuss des Landtags in einer Sondersitzung mit dem Fall beschäftigen. Beantragt hat dies die Opposition. CDU-Landeschef Armin Laschet forderte eine „schonungslose“ Aufklärung.

Klar ist laut Bundesanwaltschaft inzwischen auch, dass das Bremssystem des Tat-Lkws „noch schlimmere Folgen“ verhindert hat. Das Fahrzeug sei nach gut 70 Metern zum Stehen gekommen, weil eine Automatik es nach den ersten Aufprallen stoppte. Spekuliert wurde, dass der überfallene Fahrer des Lkw in das Lenkrad gegriffen haben könnte. Ob er dazu noch in der Lage war, bleibt unklar: Laut Bundesanwaltschaft wurde der Pole „in zeitlicher Nähe“ zum Anschlag erschossen. Geprüft werde auch weiter, ob die Waffe für diese Tat die gleiche war, mit der Amri auf die italienischen Polizisten schoss. Das Kaliber jedenfalls stimme überein.

Konrad Litschko

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