: Die neuen Wölfe irgendwo da draußen
Bundesliga Macht die Krise in Wolfsburg Pause oder ist das die Wende? Klaus Allofs jedenfalls ist weg, der Wolfsburger Heimsieg gegen defensive Frankfurter da. Und was heißt das nun?
Aus Wolfsburg Peter Unfried
Es bleibt ein Rätsel, warum die Manager von VW den Manager der VW-Tochter VfL Wolfsburg so kurz vor Weihnachten entlassen haben. War jedenfalls ziemlich seltsam am Samstag, so ganz ohne Klaus Allofs. Die größten Schlauberger spekulieren nach dem überraschenden 1:0 des abstiegsgefährdeten VfL gegen den derzeitigen Spitzenclub Eintracht Frankfurt, ob es einen psychologischen Zusammenhang zwischen dem ersten Heimsieg der Saison und der Entlassung gibt. Nun sind die Prozesse komplex, die zum Erfolg oder Misserfolg führen, und nie bis ins Letzte nachvollziehbar. Trotzdem: Unsinn.
Wolfsburg war mit Dreierkette und Luiz Gustavo als eine Art Libero relativ stabil und erarbeitete sich im Gegensatz zu den Spielen davor ein paar Chancen – die Mario Gomez vergab. Eine indes nutzte Innenverteidiger Bruma (33.) per Kopf. Als die Eintracht nach dem Wechsel mit Systemumstellung und verstärkter Offensive auf den Ausgleich drückte, verschoss der eingewechselte Torjäger Alexander Meier einen unberechtigten Strafstoß (67.). Danach hätte die Eintracht noch einen – berechtigten – kriegen müssen. Kurz vor Ende vergab Fabian eine maximale Torchance.
Im üblichen Gerechtigkeitsdenken würde man sagen: ein letztlich „verdienter“ Sieg. Aber faktisch war das oft unkalkulierbare Spiel einfach, wie der derzeitige VfL-Cheftrainer Valerien Ismael sagte: „endlich mal auf unsere Seite gekippt“. Überhaupt war das meistgebrauchte Wort von Wolfsburg-Angestellten hinterher „endlich“.
Der Wolfsburger Absturz hängt mit Klaus Allofs, 60, zusammen, denn er war vier Jahre lang nicht nur einer von vier Geschäftsführern, sondern der Chef, der Strategie und Personalpolitik verantwortete. Das brachte große Erfolge und danach große Misserfolge, aber es wird nichts besser, wenn man die Fachkompetenz eliminiert. Die VW-Manager wollten offenbar Handlungsfähigkeit demonstrieren. Die Frage lautet jetzt aber: Was ist der Plan?
Es geht dabei nicht um einen schnellen und populistischen Paradigmenwechsel, sondern um die Frage, was an Allofs’ zunächst perfekt aussehender Strategie im Detail nicht funktioniert hat. Das Problem, das der VfL mit einigen hochqualifizierten Spielern hatte und hat, besteht nicht darin, dass sie wieder wegwollen. Es besteht darin, dass es Allofs und seinem langjährigen Weggefährten Dieter Hecking nicht mehr gelungen ist, den nötigen Deal mit diesen Profis zu schließen. Der lautet: Ihr kommt, und ihr geht nach zwei, drei Jahren zu dem Club, von dem ihr wirklich träumt. Aber in der Zwischenzeit brennt ihr für Wolfsburg, so wie entsprechende Kaliber für Borussia Dortmund brennen. Dieses Brennen aber fehlt nicht nur dem für 36 Millionen Euro geholten Julian Draxler, sondern auch anderen, die sich hinter diesem scheinbar idealen Sündenbock verstecken.
Der wechselbereite Nationalstürmer selbst stand gegen Eintracht wieder in der Anfangsformation, nachdem er zuvor medienwirksam auf die Tribüne geschickt worden war. Logisch: Wenn man ihn in der Weihnachtspause loswerden will, muss man ihn ins Schaufenster stellen, alles andere wäre Kapitalvernichtung. Und er selbst wird sich noch mal richtig anstrengen, sonst kommt er ja nicht weg. Das ist das letzte Win-win in einer Lose-lose-Beziehung. Folgerichtig spielte Draxler ordentlich und bereitete das Siegtor vor.
Aber wie im Fall Allofs wird auch im Fall Draxler nichts besser, wenn er weg ist. Die entscheidende Frage lautet: Können sich Spitzenfußballer des oberen Sortiments grundsätzlich nicht mit Wolfsburg identifizieren? Wenn ja, dann müsste man sich an Freiburg oder Mainz orientieren, was Niveau und Perspektive angeht. Die andere Möglichkeit ist, dass Allofs die Falschen verpflichtet hat. Und irgendwo da draußen gibt es andere, mit denen es ginge. Und die man jetzt finden muss.
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