: Berufsverbote werden aufgearbeitet
POLITIK Niedersachsens Landtag beschließt, die Folgen des Radikalenerlasses für die politisch Aktiven endlich aufzuarbeiten und setzt einen Beauftragten ein. CDU und FDP halten das für unnötig
Ein Beauftragter der niedersächsischen Landesregierung soll künftig die Folgen des Berufsverbotes in den 1970er- und 80er-Jahren aufarbeiten. In Niedersachsen waren mehr als hundert Menschen vom sogenannten Radikalenerlass betroffen, darunter viele Lehrer.
Eigentlich richtete sich der Erlass von 1972 gegen Links- und Rechtsextremisten. In der Praxis seien vor allem politisch Aktive des linken Spektrums betroffen gewesen, hieß es gestern im Landtag. Erst 1990 hob die damalige niedersächsische Regierung den Erlass auf.
Der SPD-Abgeordnete Bernd Lynack sprach von einem historischen Augenblick. Fast 45 Jahre nach dem Radikalenerlass bitte der Landtag die Betroffenen um Entschuldigung. „Ich freue mich sehr über den Beschluss des Landtags und ich hoffe, dass er eine Strahlkraft in die Republik entfalten wird“, sagte Cornelia Booß-Ziegling von der Initiative gegen Berufsverbote.
CDU und FDP hatten den Antrag abgelehnt. „Eine pauschale Verurteilung von Berufsverboten ist höchst widersprüchlich“, erklärte die innenpolitische Sprecherin der CDU-Fraktion, Angelika Jahns. Mutmaßlich gebe es Einzelfälle, in denen Beschäftigte des öffentlichen Dienstes ungerechtfertigt entlassen wurden. „Grundsätzlich gelte aber: Personen, die die freiheitliche demokratische Grundordnung unseres Staats ablehnen, sollten auch nicht im öffentlichen Dienst arbeiten dürfen.“
„Ich bin überrascht von der Nicht-Lernfähigkeit der CDU“, sagte Matthias Wietzer, der zwölf Jahre lang nicht als Lehrer arbeiten durfte. Das sei kein abgeschlossenes Thema, sagte Rolf Günther, der nach 16 Jahren Berufsverbot erst 1991 wieder als Gymnasiallehrer eingestellt worden war. „Ich habe damals bei der Anhörung betont, dass ich auf dem Boden der Verfassung stehe, doch das hat nicht interessiert“, sagte er. Der Entschluss des Landtags habe ihn sehr bewegt. (dpa)
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