: Nacktbaden mit Putin für einen Friedensvertrag
Diplomatie Russlands Präsident Putin sitzt beim Gipfel mit Japans Premier Abe am längeren Hebel
Aus Tokio Martin Fritz
15 Mal haben sich Japans Premier Shinzo Abe und Russlands Präsident Wladimir Putin schon zusammengesetzt, aber noch nie in Japan. Das ändert sich am Donnerstag, wenn Putin Abes südjapanische Heimatregion Yamaguchi besucht. Dabei will der japanische Premier seinen russischen Freund so umgarnen, dass man sich im 70-jährigen Streit um vier Kurileninseln nördlich der japanischen Insel Hokkaido näherkommt. Sie werden von Russland verwaltet, aber von Japan beansprucht. Ohne Lösung wollen beide Länder keinen Friedensvertrag schließen.
Die zwei Männer setzen sich jetzt zusammen nackt in eine heiße Quelle. Abe wollte dem Hundefreund Putin auch einen zweiten japanischen Akita-Hund schenken, aber der Kremlchef lehnte ab. Den ersten hatte Putin vor drei Jahren bekommen. Sein Name „Yume“ (Traum) enthielt Japans Botschaft, dass Tokio einen Schlussstrich unter die Vergangenheit ziehen möchte.
Doch wird jetzt kein Durchbruch im Kurilenstreit erwartet. „Dafür ist das Thema viel zu kompliziert“, betont ein früherer japanischer Diplomat. Russland hält die „südlichen Kurilen“ für rechtmäßiges Territorium als Folge dessen, dass Japan den Zweiten Weltkrieg verloren hat. Japanische Nationalisten bestehen auf der kompletten Aufgabe russischer Souveränität über die „nördlichen Territorien“. Dort leben längst Zehntausende Russen, die subventioniert werden.
Putin sorgte vor der Anreise für eine kalte Dusche. „Wir denken nicht, dass wir ein Territorialproblem haben“, sagte er japanischen Journalisten, den Hund Yume an seiner Seite. „Es ist Japan, das denkt, ein Territorialproblem mit Russland zu haben.“ Putin spielt darauf an, dass sich Japan und Russland schon 1956 auf die Rückgabe der kleinen Inseln Shikotan und Habomai geeinigt, aber den Vertrag nie unterschrieben haben. Japan verlangt auch Etorofu (russisch: Iturup) und Kunashiri (Kunaschir) zurück.
Im Mai hatte Abe eine „neue Herangehensweise“ angekündigt. Details ließ er offen. Vermutlich geht es um den Vorschlag „Zwei Inseln plus alpha“, der schon 2001 angedacht wurde. „Alpha“ könnte die gemeinsame wirtschaftliche Entwicklung der Inseln sein. Zumindest darauf wollen sich Abe und Putin jetzt verständigen. Doch werden sie darüber streiten, ob dabei japanisches oder russisches Recht gelten soll. Als weiteren Anreiz will Japan großzügige Wirtschaftshilfe leisten.
Japans Opposition kritisiert Abes Strategie als Einbahnstraße. „Japan darf nicht zu gierig sein und nur Russland Vorteile geben“, warnte Exregierungschef Yoshihiko Noda. Die US-Regierung versuchte vergeblich, den Gipfel zu verhindern. Putin wolle Japan aus der Front der G-7-Länder herausbrechen, warnen US-Diplomaten. Tatsächlich forderte Putin Japan vor seiner Reise auf, die Sanktionen zu überdenken. Wie solle man sonst die wirtschaftlichen Beziehungen weiterentwickeln, fragte er.
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