: OFF-KINO
Off-Kino
Lars Penning
Filme aus dem Archiv– frisch gesichtet
Der im September im Alter von 90 Jahren verstorbene Herschell Gordon Lewis gilt als Erfinder des Splatterfilms. Als der aus Pittsburgh stammende Universitätsdozent sich 1963 nach einigen „Nudie“-Exploitationfilmen mit dem Low-Budget-Werk „Blood Feast“ der Geschichte eines ägyptischen Feinkosthändlers zuwandte, der hübsche Frauen umbringt, weil er ihre Körperteile benötigt, um eine antike Göttin zum Leben zu erwecken, gab es erstmals im kommerziellen Kino die Zerstückelung von Menschen zu sehen. Die schauspielerischen Leistungen waren nicht so prickelnd, aber die Novität überzeugte das Publikum vielleicht genauso wie der von Lewis geschriebene Soundtrack mit einer sagenhaften Orgel- und Kesselpaukenmusik. Bis in die späten 1960er Jahre blieb Lewis mit solchen Trashfilmen erfolgreich, dann holte ihn der Mainstream ein. Die 2010 entstandene Dokumentation „Herschell Gordon Lewis: Godfather of Gore“ von Frank Henenlotter und Jimmy Maslon rekapituliert sehr unterhaltsam mit vielen Filmausschnitten und Interviews eine Filmkarriere jenseits von intellektuellem Kunstanspruch (16. 12., 22 Uhr, Filmrauschpalast).
Weil 1934 bereits die auf den Moralvorstellungen der katholischen Kirche beruhende Selbstzensur der amerikanischen Filmindustrie griff, konnte man auf der Leinwand kein unverheiratetes Paar zeigen, das die Nacht in einem Zimmer verbringt. Was die dramaturgischen Möglichkeiten erheblich einschränkte. Was tun? Eine clevere Lösung findet sich in Frank Capras Komödie „It Happened One Night“, die in der Story eines Reporters (Clark Gable), der auf einer langen Busfahrt eine ausgebüxte verwöhnte Erbin (Claudette Colbert) mit dem einfachen Leben vertraut macht, Romantik und Sozialfantasie spielend unter einen Hut bringt. Die Lösung des Zimmerproblems wird hier nicht verraten, nur so viel: In der von Capras Film inspirierten deutschen Komödie „Glückskinder“ liegen Lilian Harvey und Willy Fritsch sogar in einem Bett – getrennt durch eine Bank mit ziemlich stacheligen Kakteen … (16. 12., 21 Uhr, Arsenal 1).
Einer der schönsten Adventsfilme für kleine Kinder ist Mischa Kamps „Het paard van Sinterklaas – Ein Pferd für Winky“ (2005), in dem die sechsjährige Tochter eines in Holland lebenden chinesischen Paares versehentlich glaubt, dass ihr der Sinterklaas jenes Pferd geschenkt hat, das sie an ihrem Fahrrad angebunden findet. Natürlich wird das Missverständnis ganz lieb aufgeklärt in diesem Film, der die Wünsche von Kindern sehr ernst nimmt (18. 12., 15 Uhr, Zeughauskino).
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen