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Wenn Verjüngungs-OPs zum einmaligen Luxuserlebnis werden. Und die Bücherwand letztlich nur dasselbe istStatussymbol: Arsch

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von Fatma Aydemir

Okay. Ich werde diese Woche 30. „Ist doch nicht schlimm! Du siehst voll jung aus!“, höre ich die Stimme einer 19-jährigen Cousine durchs iPhone quietschen. Ich kann mir vorstellen, wie sie die perfekt geshapten Augenbrauen mitleidig zusammenzieht. Nun ja, wenn ich auf diesen Trost angewiesen bin, girl, dann ist es auf jeden Fall schlimm. Sage ich natürlich nicht. Ich murmele demütig „Danke“ und kaue an meinen Nägeln rum.

Jung aussehen, was ist das? Gekrümmte Wirbelsäule, schlechter Klamottengeschmack? Natürlich ist mein Jugendideal total outdatet, das merke ich jeden Morgen im Bus, den ich von Neukölln aus nehme. Teenagerinnen wollen wie Anfang 20 aussehen – und deren Mütter auch. Vielleicht war das schon immer so, nur dass die Leute inzwischen deutlich besser darin sind. Dank Styling-Tutorials im Netz, vermute ich.

Dann ist da aber noch ein ernst zu nehmender Markt für plastische Chirurgie. Wer glaubt, der Hype habe sich mit den unzähligen misslungenen Celebrity-Gesichtern erledigt, fährt ziemlich selten Bus. Die OPs sind nur erschwinglicher geworden und sprechen neue Milieus an. Das Grauen der All-inclusive-Chirurgie grüßt jeden Abend zur Primetime von Flachbildschirmen türkischsprachiger Haushalte in ganz Europa (die Muttersender strahlen für Auslandstürken andere Werbespots aus: orientalische Importteppiche in Köln, Hochzeitslocations in Brüssel, Nasen-OPs am Bosporus).

Wer sich in einer der „top-zertifizierten“ Beautykliniken in Istanbul behandeln lässt, spart nämlich nicht nur mehr als 50 Prozent der Behandlungskosten im Vergleich zu Deutschland, sondern bekommt ein „einmaliges Luxuserlebnis“ dazu. Meist werden Flug- und Übernachtungskosten übernommen, eine VIP-Limousine holt die Patient*innen am Flughafen ab. Wer in Fünfergruppen kommt, kriegt den Helikopterflug über Istanbul gratis.

Man kann sogar mehrere Eingriffe in einer einzigen kostengünstigen OP bündeln. Etwa: Straffen der Augenlider, Brustvergrößerung, Fettabsaugung an Kinn und Hintern. Danach mit Ganzkörperbandage in den Heli, Bandagen ab – zack –, und auf in ein neues Leben!

Oder halt zurück nach Böblingen, an die dm-Kasse.

Jugend ist eben immer auch ein Versprechen: auf eine unbestimmte, aussichtsreiche Zukunft. Künstlich reproduzierte Jugend ist ebenfalls ein Versprechen, wenngleich ein anderes: der Schein, man habe es immer leicht im Leben gehabt, gute Gene und genug Zeit und Kohle für Sport und teure Kosmetik.

Natürlich gibt es sie noch, die Migrantengeneration, die sich jahrelang den Hintern abschuftet, um ihn irgendwann auf den beheizten Sitz eines nagelneuen SUV zu setzen. Ein erheblicher Teil von ihnen entscheidet sich inzwischen aber, den Hintern lieber von Cellulite zu befreien und ihn anschließend schön glatt in den Bus zu pflanzen.

Keine Ahnung, ob das eine besser ist als das andere. Ich jedenfalls schufte mir den Hintern ab, um mir irgendwann eine teure Bücherwand zu leisten. Damit auch alle Gäste gleich sehen, wie belesen ich bin.

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