piwik no script img

Aushängeschild Geschäftskonto

Sichere Bank Firmen legen immer mehr Wert darauf, als ökologisch und sozial wahrgenommen zu werden. Dazu gehört auch der richtige Finanzpartner. Banken mit strikten ökologischen und sozialen Kriterien standen übrigens auch in der Krise noch gut da

von Bernward Janzing

Die Atomwirtschaft musste es in den vergangenen Jahren schmerzhaft erfahren: Geschäftsmodelle, die von einem erheblichen Anteil der Bürger als nicht verantwortbar angesehen werden, können in einer Demokratie auch rein unternehmerisch nicht dauerhaft funktionieren. Die Atomkonzerne sind inzwischen so angeschlagen, dass sie nur überleben können, indem der Staat ihnen das Risiko explodierender Endlagerkosten abnimmt. Und es bleibt nicht bei der Atomkraft; als nächstes wird es die Branche der fossilen Energien treffen, die zunehmend gesellschaftlich unter Druck gerät.

Die Alternative ist eine Unternehmenspolitik, die man heute Corporate Social Responsibility (CSR) nennt, die Verantwortung übernimmt für Mensch und Umwelt. Eine solche propagiert auch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales: „Die Vorstellung, Ökonomie und Ökologie, unternehmerisches Handeln und soziale Verantwortung seien Gegensatzpaare, und CSR sei entsprechend Luxus, den man sich erst leisten können muss, ist veraltet.“ Managementtheorien gingen inzwischen meist vom Gegenteil aus: „Unternehmen, die nachhaltig wirtschaften, sind langfristig oft erfolgreicher.“ CSR sei daher längst „mehr als eine moralische oder eine ethische Frage“.

Ein wesentlicher Anreiz für börsennotierte Unternehmen liege auch in der Relevanz von CSR für den Kapitalmarkt: „Gerade langfristig orientierte Anleger investieren oftmals bevorzugt in Unternehmen, die nachhaltiger wirtschaften als die Wettbewerber.“ Für institutionelle Anleger wie Lebensversicherer und Pensionsfonds seien Nachhaltigkeitskriterien wichtige Faktoren für die Anlagestrategie.

Die Vielzahl von Nachhaltigkeitsberichten, die alljährlich von den Unternehmen erstellt werden, belegt heute die gesellschaftliche Relevanz des Themas. Ein Verstoß gegen die eigenen Erklärungen kommt ausgesprochen schlecht an, wie zuletzt Volkswagen erleben musste. Im Nachhaltigkeitsbericht 2014 hatte die Firma noch vollmundig geschrieben: „Bis 2018 will der Volkswagen Konzern als weltweite Nr. 1 an der ökologischen Spitze der Automobilhersteller stehen.“ Außerdem: „Konsequenter Umweltschutz hat im Volkswagen Konzern eine lange Tradition.“ Dann jedoch flog der systematische Einsatz von Schummelsoftware in den Motorsteuerungen auf. Der Aktienkurs des Konzerns brach um die Hälfte ein. Der Nachhaltigkeitsbericht für 2015 ist seit Monaten überfällig, einen Termin nennt die Firma nicht.

Dass sich sozialökologisches Verhalten auszahlt, spüren längst auch die Banken. Spätestens die sogenannte Finanzkrise und die Insolvenz der US-amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers im Jahr 2008 haben es deutlich gemacht: Während konventionelle Großbanken von den Staaten gerettet werden mussten, standen die Banken mit strikten ökologischen und sozialen Kriterien auch in der Krise wirtschaftlich gut da. Sie profitierten zum Teil gar von den Turbulenzen an den weltweiten Finanzmärkten, weil Kunden nun auf der Suche nach Stabilität und Aufrichtigkeit ihren bisherigen Banken den Rücken kehrten.

Die Politik der Hausbank wirkt in Form von Imagetransfer aufs Unternehmen

Das ethisch bewusste Handeln ist damit zum ökonomischen Vorteil geworden. In langen Listen haben die entsprechenden Banken definiert, welchen Geschäften sie sich verweigern. Zum Beispiel die EthikBank: Sie vergibt keine Kredite an Unternehmen, wenn diese gegen eines von vielen Ausschlusskriterien verstoßen. Dazu gehören die Herstellung und der Vertrieb von Militärwaffen, der Betrieb von Atom- oder Kohlekraftwerken, die Förderung fossiler Energieträger, Gentechnik, Kinderarbeit und Tierversuche. Ganz ähnlich verhält es sich bei der Triodos Bank, die ihren Hauptsitz zwar in den Niederlanden hat, aber auch eine Niederlassung in Deutschland betreibt.

Im Detail freilich sind die Kriterien jeweils etwas unterschiedlich definiert. Die GLS Bank zum Beispiel listet auch explizit chlororganische Massenprodukte als Ausschlusskriterium auf, sowie „kontroverses Umweltverhalten“ und „kontroverse Wirtschaftspraktiken“. Dazu zählen zum Beispiel Korruption, Bilanzfälschung, Kartellbildung und Insidergeschäfte.

Auch für die Bankkunden kann sich das auszahlen, denn die Politik der eigenen Hausbank wirkt im Rahmen eines Imagetransfers am Ende auch auf die betreffenden Unternehmen: Eine Firma, die sich als vorbildlich im Sinne einer nachhaltigen – oder, um ein weniger abgegriffenes Wort zu nutzen: enkeltauglichen – Wirtschaftsweise rühmt, wird auch an ihren Partnern aus der Finanzwelt gemessen. Ein Unternehmen, das sein Geschäftskonto bei einer Bank führt, die mit Marktmanipulationen im Zusammenhang steht, die vom Staat gerettet werden musste oder die offenkundig umweltzerstörende Praktiken finanziert, steht damit schnell auch selbst in einem schlechten Licht da. Das Geschäftskonto ist für manche Unternehmen daher ein Aushängeschild der Nachhaltigkeit geworden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen