piwik no script img

Gedenken an verstorbene Obdachlose

TOD 20 Obdachlose sind in den letzten 12 Monaten in Bremen gestorben. In Walle gibt es für wohnungs- und mittellose Menschen seit vier Jahren eine eigene Grabstätte

Der Verein für Innere Mission hat am gestrigen Totensonntag an die 20 obdachlosen Frauen und Männer erinnert, die in den letzten zwölf Monaten in Bremen gestorben sind. „Wir wollen damit ein Zeichen gegen das Vergessen setzen“, sagte der Leiter der Wohnungslosenhilfe der Diakonie, Bertold Reetz, in der Kapelle des Friedhofs Bremen-Walle.

„Viele wohnungslose Menschen haben keine Kontakte zu ihren Angehörigen mehr und sterben ohne soziales Umfeld“, sagte Reetz. Das Leben auf der Straße oder in ungesicherten Wohnverhältnissen lasse Menschen einsam werden. „Und nach ihrem Tod sind sie endgültig gelöscht aus dem Gedächtnis der Gesellschaft. Bedeutungslos, namenlos, verschwunden für immer, als hätten sie nie gelebt“, so Reetz.

Die Obdachlosen sind nicht alt geworden. Das Durchschnittsalter der Toten betrug Reetz zufolge 57 Jahre. „Der jüngste Verstorbene war 35 Jahre alt, der Älteste 74.“

Die Toten wurden auf einer speziellen Grabstätte beerdigt, die die Innere Mission auf dem Friedhof in Walle vor vier Jahren eingerichtet hat. Mit Unterstützung der Evangelischen Kirche und durch Spendengelder wurde für die nächsten dreißig Jahre eine Grabstätte mit einem großen, alten Grabstein gekauft, auf der 96 Urnen bestattet werden können. Der Bremer Künstler Jub Mönster hat den Grabstein bemalt, für jeden Toten gibt es ein steinernes Buch mit seinem Namen darauf.

Bis zur Einrichtung der Grabstätte wurden Obdachlose im Rahmen von Massenbegräbnissen anonym auf Gräberfeldern in Urnen beigesetzt.

In Bremen gibt es nach Schätzungen der Diakonie zwischen 500 und 600 wohnungslose Menschen. (epd/ taz)

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen