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Flüchtlinge sollen wieder raus

Desintegration Die Saga will Wohnungen von drei Familien verkaufen

„Wir sind sehr glücklich, dass sich die Familien hier wohlfühlen und sehr gerne hier bleiben möchten“, sagt Halja Stünkel. Drei Familien mit insgesamt 14 Kindern – zwei aus Afghanistan, eine aus Syrien – leben seit Frühjahr in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft, in drei Saga-Wohnungen in der Tietzestraße in Osdorf. Doch Stünkels Freude hat einen Dämpfer erhalten. Bis Weihnachten müssen die Familien ihre Bleiben räumen – so fordert es die Vermieterin Saga/GWG vom Träger Fördern & Wohnen, der die Wohnungen für die Flüchtlinge anmietete.

Die drei Familien, die seit Februar hier leben und gerade anfingen, sich in der Nachbarschaft und im Stadtteil zu integrieren, müssen – so befürchten ihre Nachbarn – zurück in eine Sammelunterkunft. „Das all unsere Integrationsbestrebungen so zunichte gemacht werden, ist schwer zu ertragen“, ärgert sich Stünkel.

Denn über Monate haben zwei Dutzend Bewohner der Saga-Siedlung alles getan, damit die Ankömmlinge sich wohl fühlen. Sie suchten nach Sportvereinen und geeigneten Schulen für die Kinder, aber auch nach Kindergärten und Deutschkursen. Halfen ihnen sogar beim Verstehen der zahlreichen Behördenformulare, die sie ausfüllen mussten.

„Beide Seiten hat es viel Arbeit gekostet, sich kennenzulernen und Vertrauen zueinander zu gewinnen“, sagt Stünkel. Nun wäre es „für die Familien eine Katastrophe, wieder von vorne anfangen und sich erneut ein soziales Umfeld aufbauen zu müssen“. An die Saga/GWG hat Stünkel deshalb einen Brief mit der Bitte geschrieben, „den Familien ihr Zuhause zu erhalten“.

„Wir sind in dieser Frage der falsche Ansprechpartner“, sagt Saga-Sprecher Michael Ahrens. „Die mit Fördern & Wohnen geschlossenen Mietverhältnisse waren von Anfang an zeitlich befristet.“ Das städtische Unternehmen beabsichtige, „die Wohnungen wieder in die normale Wohnraumbewirtschaftung aufzunehmen.“ Fördern & Wohnen müsse sich deshalb darum kümmern, wie die Flüchtlinge im Anschluss an den auslaufenden Mietvertrag untergebracht würden.

Das sieht auch Susanne Schwendtke von Fördern & Wohnen ähnlich: „Verabredungsgemäß laufen unsere Mietverträge nun aus. Deshalb suchen wir derzeit nach passenden Unterbringungsplätzen.“ Die sollten zwar ebenfalls im Bezirk Altona liegen, versprechen kann sie das aber nicht. „Es stehen voraussichtlich nicht genügend Unterbringungsmöglichkeiten in vergleichbaren abgeschlossenen Wohneinheiten für alle Betroffenen zur Verfügung“. Den heutigen Nachbarn der drei Flüchtlingsfamilien gibt sie mit auf den Weg: „Die Integration in die Nachbarschaft ist immer nur eine Integration auf Zeit.“ mac

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