: Was zum Vorglühen
WegmarkeIn Liedern besungen, eine ganz besondere Berliner Befindlichkeit: Wer noch schnell was kaufen will, kommt in der Stadt am Späti nicht vorbei
Wenn die Sonne fehlt, wenn der Regen läuft
Wenn die Unterschicht das Kindergeld versäuft
Wenn die Hunde wachen, ihre Haufen machen
Ja, dann sind wir wieder in Berlin.
Wenn die Fahrradfahrer uns vom Bordstein fegen
Die Verrückten in der U-Bahn wieder laut mit sich selber reden
Wenn die Stressercliquen dann ihr Zeug verticken
Ja, dann sind wir wieder in Berlin.
Wenn die Autofahrer kurz am Amok streifen
Und die Hostelhorden durch die Straßen geifern
Wenn die Gullis stinken und die Pärchen winken
Ja, dann sind wir wieder in Berlin.
Wenn die Freiberufler die Cafés besetzen
Und die Laptopposer sich auf’s Neue vernetzen
Mit den Kreativen und den ganz Naiven
Ja, dann sind wir sicher in Berlin.
Wenn die Parkausflügler dann die Schwäne füttern
Und die Allerblödsten es gleich weiter twittern
Wenn wir zum Vorglühen durch die Spätis ziehen
Ja, dann sind wir alle in Berlin.
Wenn die Ökoeltern sich zum Brunchen treffen
Und die Arschlochkinder durch die Cafés kläffen
Wenn der Service hinkt und’s nach Babykotze stinkt
Ja, dann sind wir wieder in Berlin.
Wenn die Technoleichen zur Afterhour schleichen
Und nur die Halbverstrahlten Contenance behalten
Wenn die Druffis taumeln und die Durchis jaulen
Ja, dann sind wir wieder in Berlin.
So singt es Christiane Rösinger in ihrem „Berlin“-Lied auf dem Album „Songs Of L. And Hate“ (im Februar erscheint übrigens ihre neue Platte: „Lieder ohne Leiden“). Und in dem Lied soll mal vor allem die eine Zeile interessieren: „Wenn wir zum Vorglühen durch die Spätis ziehen“. Die Spätis. Schon ein besonderes Schmiermittel, damit die Stadt auch wirklich rundläuft. Was da so passiert? Wir haben uns im Späti umgeschaut.
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