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Was kann Ceta aufhalten?

betr.: „Ceta mit Sicherheitsgurt“, taz vom 14. 10. 16

Es ist ja schön, dass das Bundesverfassungsgericht dieses Urteil gesprochen hat, doch was ist es wert? Was hat Sigmar Gabriel zu fürchten, wenn er entgegen dem Urteil handelt und Ceta unterzeichnet und auch der vorläufigen Anwendung uneingeschränkt zustimmt? Wandert er dann lebenslang in den Knast? Das glaube ich nicht. Er wird eine Rüge erhalten und mittelfristig mit der SPD untergehen. Das wird bei dieser Politik sowieso bald passieren. Und anschließend wird er Manager oder Lobbyist! Und was wird ein Urteil zugunsten der Gegner in dem Hauptverfahren wert sein, wenn Ceta schon unterschrieben ist? Dann heißt es ja erst recht: „Man kann Ceta nicht scheitern lassen! Dann würde die EU ja als gänzlich unzuverlässiger Vertragspartner dastehen.“ Oder sehe ich da was falsch? Was kann CETA jetzt wirklich noch aufhalten? Nichts?! Eine Revolution! Bernd Schaller,Heidelberg

Profitieren vom Neokolonialismus

betr.: „Besuch beim Häuptling“, taz vom 15. 10. 16

Der Kolonialismus war ein Menschheitsverbrechen. Ich will keinen Vergleich mit dem Holocaust und den sonstigen Naziverbrechen anstellen. Dennoch stelle ich fest, dass in Deutschland – mit großer Verspätung, aber letzten Endes dann doch – eine relativ breite kritische Beschäftigung mit dem Nationalsozialismus und seinen Verbrechen stattgefunden hat.

Eine kritische Beschäftigung mit dem Kolonialismus findet in Deutschland sehr wenig und sehr spät statt. Andreas Fanizadeh, Autor des Berichts über die Berliner Ausstellung „Deutscher Kolonialismus, Fragmente seiner Geschichte und Gegenwart“, spottet – zu Recht – über eine DDR-Schlagzeile von 1961: „Ministerpräsident Patrice Lumumba ermordet. Seine Mörder sitzen auch in Bonn.“ Dennoch war es nicht so einfach. Die Demokratische Republik Kongo – davor belgische Kolonie – wurde 1960 unabhängig. Diese offizielle Unabhängigkeit war in den meisten ehemaligen Kolonien der Schritt vom Kolonialismus zum Neokolonialismus. Denn den Kolonialmächten gelang es fast immer, einheimische Eliten an die Regierung zu bringen, die ihnen auch über die Unabhängigkeit hinaus treu ergeben waren. Der kongolesische Politiker Patrice Lumumba wollte bei diesem „Spiel“ nicht mitmachen und vertrat seine Position in allen seinen Reden sehr offen. Dies war sein Todesurteil. Der belgische Geheimdienst und der CIA organisierten seine Ermordung. Die BRD hat diesen Mord nicht angeordnet. Dennoch gehört es zum Kontext, dass Belgien und die USA aus BRD-Sicht befreundete Länder waren und es keinerlei Proteste der BRD gab. Und es gehört zum Kontext, dass wir durch billige Preise für Kaffee, Ananas, aber auch Coltan und Ähnliches vom Neokolonialismus bis heute profitieren.

Bernhard Fedler, Wuppertal

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