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Zwischen Nepotismus, Korruption und Nato-Beitritt

Montenegro Am Sonntag finden Wahlen statt. Für Premier Milo Đjukanovićkönnte es eng werden

Journalisten werden drangsaliert, die Justiz spricht kein Recht

SARAJEVO taz | Für den montenegrinischen Regierungschef Milo Đjukanovićgeht es am kommenden Sonntag ums große Ganze: In der exjugoslawischen Republik mit rund 650.000 Einwohnern finden Parlamentswahlen statt. Đjukanovićhat den Ehrgeiz, als überragende Figur in die Geschichte des Landes einzugehen. Nicht nur, dass er vor 20 Jahren Montenegro gegen den Widerstand der proserbischen Kräfte vom engen „Bruderland“ Serbien abgrenzte und 2006 in die Unabhängigkeit führte. Jetzt ist der 54-Jährige, der auch schon Präsident des Landes und mehrmals Regierungschef war, knapp davor, Montenegro in die EU und die Nato zu führen.

Doch dazu braucht es einen Wahlsieg. Und der scheint nicht ganz einfach zu werden. Denn Đjukanovićbekommt Gegenwind aus dem eigenen Lager. Vor allem von jüngeren Leuten, die zwar die Westintegration wollen, den Nepotismus und selbstherrlichen Führungsstil des „starken Mannes“ jedoch ablehnen. Diese Leute könnten bei den Wahlen von den Đjukanović-Sozialisten (DPS) abspringen und zu den kleineren Parteien des westlich ausgerichteten Lagers wechseln.

Đjukanovićs Koalitionspartner von der sozialdemokratischen SDP hat den offenen Bruch gewagt. Dass Đjukanović reich geworden ist, sein Bruder die größte Bank des Landes leitet, über seine Schwester ausländische Investitionen laufen und sein Sohn die Lizenz zum Bau von Klein-Wasserkraftwerken erhielt, beflügelt die Kampagne von Kritikern aus dem zivilgesellschaftichen Lager. Sie neigen der neu gegründeten SP zu. Dass Journalisten drangsaliert werden und die Justiz nicht Recht spricht, sondern immer der Regierung Recht gibt, sind weitere Kritikpunkte dieser Strömung.

Doch größere Gefahr droht Đjukanovićvon Oppositionsparteien, die das Land keinesfalls in der Nato sehen möchte und von Serbien und Russland unterstützt werden. Die sogenannte Schlüsselkoalition und mehrere proserbische Kleinparteien haben den Beitritt zur Nato zum Hauptthema im Wahlkampf gemacht. Sie spekulieren darauf, dass die 45 Prozent der Wähler, die 2006 gegen die Unabhängigkeit des Landes votierten, sie unterstützen. Und sie hoffen, dass sie aus dem Lager Đjukanovićs jene Wähler für sich gewinnen können, die sich von Korruption und Nepotismus abgestoßen fühlen.

Unterstützt wird dieses Lager durch die serbische orthodoxe Kirche, die in einer heftigen Fehde mit der montenegrinisch-orthodoxen Kirche liegt, und von den 15.000 Russen, die in Montenegro leben und sich an der Küste eingekauft haben.

Die Finanzkraft der russischen Geschäftsleute zeigt sich im Wahlkampf. Die Schlüsselkoalition konnte im ganzen Land plakatieren und viele ihrer Anhänger dazu mobilisieren, von Haus zu Haus zu gehen. Westliche Diplomaten zeigen sich deshalb auch besorgt. Denn der Beitritt des Landes zur Nato, der schon beschlossen ist, könnte bei einem Sieg der Opposition jedoch wieder gekippt werden.

Die Russen und die Nato haben ein strategisches Interesse an der Küste Montenegros. Russland würde gerne die Bucht von Kotor nutzen. Der dortige Hafen war mit seinen Bunkeranlagen für U-Boote und Schiffe der wichtigste Kriegshafen im früheren Jugoslawien. Die Nato will gerade das verhindern. So unterstützen die meisten EU-Länder und die USA trotz aller Vorbehalte die Politik Đjukanovićs. Erich Rathfelder

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