heute in hamburg: „Es geht um Schmerzen“
LesungSilke Burmester fragt im Buch „Mutterblues“,warum der Auszug der Kinder Frauen so wehtut
50, ist freie Journalistin u.a. für die taz und lebt in Hamburg. Ihre Themen sind Gesellschaftspolitik, Medien und Kultur.
taz: Warum haben Sie ein Buch darüber geschrieben, wie Ihr Sohn auszieht?
Silke Burmester: Es geht in „Mutterblues“ nicht um den Auszug, es geht um die Zeit davor. Mir wurde bewusst, als mein Kind mit 14 in die Pubertät kam: Das ist der Anfang von der letzten gemeinsamen Zeit. Das tat mir weh. Das hat mich überrascht. Und ich habe gemerkt, es trifft andere Frauen auch.
Wie haben Sie das festgestellt?
Ich habe mich mit Frauen unterhalten. Ich habe mich nicht von wissenschaftlicher Seite genähert, weil ich dachte, ich möchte an die Gefühle heran. Es nützt nichts zu hören, das ist eine Phase, die geht vorbei. Es geht um Schmerzen, darum, warum das so weh tut.
Sie sagen: „Das gesellschaftliche Tabu soll verschwinden, damit klar ist, dass es den Frauen in dieser Lebensphase wirklich schlecht geht.“ Ist das nicht unzulässig verallgemeinert?
Ich sage nicht, dass es alle trifft. Manche bewegt das kaum.
Man könnte meinen, es ginge uns Müttern noch nie so gut. Wir haben nicht nur Kinder, sondern auch einen Beruf.
Ja, aber die spannende Frage ist, warum trifft es uns trotzdem so sehr? Warum entsteht in uns diese tiefe Grube, die Beschäftigung nicht ausfüllen kann? Wir sind eine Generation, in der die Kinder oft erst spät kommen. Der Abschied fällt mit der Zeit der Wechseljahre zusammen. Eine Zeit, die sehr defizitär belegt ist.
Sie schreiben, Frauen werden nicht mehr als Flirtpartnerinnen wahrgenommen, sobald sie „jenseits der Knackarschjahre“ sind. Wandelt sich das nicht?
Es ist im Wandel, aber die westliche Kultur ist die einzige, in der es für die Wechseljahre diese Defizitzuschreibung gibt. Das liegt an der Pharmaindustrie, die daran verdient. Es geht mir darum, gegen dieses defizitäre Bild aufzubegehren.
Und Männer trauern nicht?
Die können mit 50 noch mal mit einer 30-Jährigen eine Familie aufmachen. Bei uns Frauen ist klar der Abschied eingeleitet.
Aber es ist auch ein tolles Alter mit weniger lästigen Pflichten.
Mir geht es heute auch gut. Aber ich kriege mit, dass Frauen sich stärker orientieren müssen.
Haben Sie ein Folge-Buch geplant?
Erst mal nicht. Mein nächstes Baby ist ein Zeitschriftenprojekt.
Interview: kaj
Buchpremiere „Mutterblues: mein Kind wird erwachsen und was werde ich?“: 20 Uhr, Nocht-Speicher, Bernhard-Nocht-Straße 69a, Eintritt: 8 Euro
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