Doktortitel gegen Selbstausbeutung

UNI Zwei NachwuchswissenschaftlerInnen fühlen sich in einem Forschungsprojekt der TU gemobbt. Die Uni prüft noch, die Frauen gehen vor Gericht

„Wir beschäftigen uns sehr intensiv mit dem Fall“

TU-Pressesprecherin Stefanie Terp

„Zum ersten Mal untersucht ein Forschungsteam die ökologischen Folgen der Monokultur in Uruguay“, heißt es auf einem Video der Nachwuchsgruppe Rural Futures am Institut für Ökologie an der Technischen Universität Berlin (TU). An dem von Ina Säumel geleiteten dreimonatigen interdisziplinären Forschungsvorhaben beteiligten sich im Winter 2015/2016 auch Gimena V. und Maria T. Die Nachwuchswissenschaftlerinnen aus Ecuador und Argentinien wollten so ihre wissenschaftliche Biographie mit einem Doktortitel abschließen.

Doch daraus ist bis heute nichts geworden. „Seit Monaten wissen wir nicht, wie es mit uns weitergeht, obwohl wir uns an zahlreiche Instanzen der TU gewandt haben“, klagt T. gegenüber der taz. „Niemand redet mit uns. Wir fühlen uns gemobbt“, ergänzte ihre Kommilitonin V. Die beiden hatten sich mit einer weiteren Nachwuchswissenschaftlerin aus Argentinien, die nicht an die Öffentlichkeit treten will, über die Arbeitsbedingungen während des Forschungsprojekts beschwert.

Die Differenzen begannen schon bei der Vorbereitung. „Uns wurde mitgeteilt, dass wir die Tagesgelder für das Projekt selber aufbringen und uns auch um die Kranken- und Unfallversicherung kümmern müssten“, berichtet T. Als sich die Wissenschaftlerinnen über die rechtliche Lage informieren wollten, sei ihnen von der Projektleitung untersagt worden, ohne Genehmigung andere Stellen zu kontaktieren. Die Probleme wuchsen, nachdem das Projekt in Uruguay begonnen hatte. Die Frauen beschwerten sich über ständige Überarbeitung: „Wir hatten kaum freie Tage und mussten jede Pause gegen den Widerstand der Projektleiterin und ihres Ehemanns durchsetzen.“ Auf Kritik habe die Projektleitung geantwortet: „Wenn wir den deutschen Doktortitel haben wollen, sollten wir uns nicht so anstellen“.

Noch in Uruguay schickten die Frauen eine Mail an die Basisgewerkschaft FAU. Dort sei ihnen geraten worden, die Unigremien zu informieren. Doch statt der Verbesserung ihrer Arbeitssituation mussten die Wissenschaftlerinnen daraufhin nach Berlin zurückkehren. Seitdem wissen sie nicht, wie es mit ihrer wissenschaftlichen Arbeit weitergeht.

„Wir beschäftigen uns sehr intensiv mit dem Fall“, sagt die Pressesprecherin der TU Stefanie Terp. Zur Klärung werde ein Teamcoaching durchgeführt, das die Konflikte aufarbeite und Möglichkeiten suche, zu einer konstruktiven Zusammenarbeit zurückzukehren. „Solange dieser Prozess nicht abgeschlossen ist, können wir keine Aussage über den Ausgang treffen“, betont Terp.

Die jungen Wissenschaftlerinnen wollen in den kommenden Tagen mit Unterstützung der FAU eine Klage auf Schadenersatz für die entstandenen Kosten und die Versetzung in ein anderes Projekt einreichen. Mittlerweile haben sich auch die Botschaften Ecuadors und Argentiniens eingeschaltet.

Peter Nowak