piwik no script img

Bürgerschaft vs. Bürokratiemonster

HAUSHALT Lübeck kippt die geplante Abgabe für Touristen. Nur die Abgeordneten von SPD und der Fraktion GAL stimmten für die von Bürgermeister Bernd Saxe (SPD) geplante Taxe

Nein, eine „Sternstunde der Verwaltung“ mochte Ulrich Krause von der CDU nicht darin erkennen, und Mit-Christdemokrat Lars Rottloff fand, der Bürgermeister dürfe kein derart scharfes Schwert in die Hand bekommen: Lübecks Bürgerschaft hat die geplante „Tourismusabgabe“ gekippt. Wie die Lübecker Nachrichten am Freitag zuerst berichteten, hatten am Abend zuvor zwar die Abgeordneten von SPD und der Fraktion „grün+alternativ+links“ (GAL) für die geplante Satzung gestimmt, dagegen waren aber die Abgeordneten von CDU, Grünen, der Wählergemeinschaft Bürger für Lübeck, FDP, Freien Wählern und Linken – am Ende waren es 27 Stimmen gegen die Satzung, 21 dafür.

Vor den Konsequenzen eines solchen Votums hatte Bürgermeister Bernd Saxe vergeblich gewarnt. Nun werde Lübeck 3,8 Millionen Euro kompensieren müssen: Man hatte gehofft, sie von insgesamt mehr als 10.000 örtlichen Betrieben und Freiberuflern erheben zu können. Die möglichen Verluste könnten Saxe zufolge sogar noch höher ausfallen: Die Stadt stehe gegenüber dem Land Schleswig-Holstein beim Konsolidierungsfonds im Wort, werde nun also vertragsbrüchig und dürfte „deutlich mehr Fördermittel zurückzahlen müssen als die 3,8 Millionen Euro“, so der Bürgermeister.

Die Kritiker stießen sich unter anderem daran, dass auch Betriebe hätten zahlen müssen, die gar nicht vom Tourismus profitierten: „Glaubt irgend jemand ernsthaft“, fragte etwa der „Bürger für Lübeck“ Marcel Niewöhner, „dass der Bäcker in Buntekuh auch nur einen Euro durch Touristen verdient?“ „Bauchschmerzen“ hatten sogar noch welche von denen, die für die Abgabe waren, darunter die GAL-Abgeordnete Antje Jansen, die dass Thema gern in den Wirtschaftsausschuss überwiesen gesehen hätte. Denn, so Jansen: „Wir brauchen die Einnahmen.“ Sie wolle nicht, dass stattdessen im Sozial-, Bildungs- und Kulturbereich gespart werde. Das Nein zur Abgabe, fasste sie es am Freitag zusammen, bedeute ein „Nein zur sozialen Verantwortung der Kommune“.

Die Grünen nannten Saxes Vorlage „schädlich“ für die Entwicklung der Altstadt und hemmend für Lübecks wirtschaftliche Erneuerung.

Mit ihrem Beschluss habe die Bürgerschaft ein „Bürokratiemonster“ erlegt. ALDI

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen