Zweidrittelmehrheit für Putin

Russland Haushoher Sieg für Einiges Russland bei Wahlen. Kein Oppositioneller in der Duma vertreten

Die Chefin der Zentralen Wahlkommission, Ella Pamfilowa, prämiert die beste Journalistenfrage am Wahlabend mit einer Tasse Foto: S. Chirikov/dpa

AUS MOSKAU Klaus-Helge Donath

„Man kann mutig sagen, unsere Partei hat gewonnen“, meinte Dmitri Medwedjew freudestrahlend nach Bekanntgabe der ersten Ergebnisse der Dumawahl. Premier Medwedjew ist Chef und Spitzenkandidat der Kremlpartei Einiges Russland (ER). Das Zugpferd der Partei, der parteilose Wladimir Wladimirowitsch Putin, war auch sichtbar glücklich. „Wachsende politische Reife“ bestätigte er dem russischen Wähler angesichts der überwältigenden Mehrheit für die Regierungspartei.

Bislang hatte Präsident Putin fehlende Demokratie mit fehlender Reife des Bürger begründet. Dass der Wähler trotz Wirtschaftskrise vorbehaltlos die ER unterstützte, wertete der Kremlchef als Zeichen des Flüggewerdens. Er schien sogar ein wenig überrascht, dass der russische Wähler selbstlos materielles Wohlsein hintan stellt.

Mit einem so haushohen Sieg hatte auch der Kreml nicht gerechnet. Einiges Russland schnitt mit mehr als 54 Prozent besser ab als noch vor fünf Jahren. Damals erhielt ER 49 Prozent, stand jedoch unter dem Verdacht, bei dem Ergebnis massiv nachgeholfen zu haben. Weit abgeschlagen landeten die Kommunisten der KPRF mit 13, gefolgt von der nationalistischen LDPR ebenfalls mit 13 Prozent. Die dritte „systemkonforme“ Oppositionspartei, das sozial orientierte Gerechte Russland, erhielt sechs Prozent und zog damit nur knapp wieder in die Duma ein. KPRF und LDPR konnten kein Kapital aus der Krise schlagen, im Gegenteil sie verloren jeweils um etwa sechs Prozent gegenüber 2011.

Die oppositionelle Partei Jabloko und Parnas, die Partei des 2015 ermordeten Politikers Boris Nemzow, erhielten nur knapp zwei und 0,7 Prozent.

Zu einem Erdrutschsieg für die ER wurde die Wahl jedoch erst durch die Direktmandate. 225 der 450 Sitze in der Duma wurden seit 2003 erstmals wieder an Direktkandidaten vergeben. Damit wollte die ER einem schlechten Abschneiden über die Parteiliste vorbeugen. Nach außen stellte es der Kreml jedoch auch als ein Schritt in Richtung Demokratisierung dar. Die nicht „systemkonforme“ Opposition hätte somit eine Chance, zumindest ihre Spitzenleute über diese Mandate in die Duma zu schicken. Diese Rechnung ging auch nicht auf. Kein oppositioneller Kandidat schaffte den Sprung ins Parlament – auch nicht der Abgeordnete Dmitri Gudkow. Bei Abstimmungen sorgte das Exfraktionsmitglied der GR mit seiner meist einsamen Gegenstimme wenigstens einen Moment für Aufmerksamkeit.

Die ER dürfte mit mindestens 343 Abgeordneten in die Duma einziehen. Auf die anderen drei Parteien entfallen noch 107 Sitze. Damit verfügt die Kremlpartei über eine verfassungsändernde Zweidrittelmehrheit.

Die Wahlbeteiligung lag diesmal mit 48 Prozent so niedrig wie nie zuvor

Ein Novum dieses Wahlgangs war die Offenheit und Zugänglichkeit der Zentralen Wahlkommission. Die Menschenrechtlerin Ella Pamfilowa hatte den Vorsitz übernommen. Der Kreml wollte nach den Protesten 2011 dieser Wahl den Anstrich von Ehrlichkeit und Transparenz verleihen. Dies ist auch gelungen. Zumal Pamfilowa öffentlich Unregelmäßigkeiten einräumte. Die Gültigkeit des Ausgangs würden diese jedoch nicht infrage stellen.

Ganz so sauber sei es dann aber doch nicht abgelaufen, meinte der Leiter der Wahlbeobachter von der NGO Golos, Grigori Melkonjanz. So wurden Wähler mit Bussen von Wahllokal zu Wahllokal zur Mehrfachabstimmung gefahren. Die Wahlbeteiligung lag mit 48 Prozent so niedrig wie nie zuvor.

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