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SportplatzIn alternativ-rockistischer Familienatmosphäre verliert der BFC an seinem 50. Jahrestag gegen den HSV

Der HSV in Bestbesetzung Foto: Baering/imago

Ärger gab es am Ende leider dann doch. Neben einer Schlägerei in der Tram soll es im Mauerpark einen Überfall rechter BFC-Fans auf das Picknick eines Kulturvereins von Menschen aus Kamerun gegeben haben. Die Polizei musste etwa 200 Hooligans von den friedlichen Picknickern trennen. Festnahmen gab es wohl keine, dafür mindestens vier Verletzte.

Dabei hatte alles friedlich begonnen, trotz Erstürmung eines leer gebliebenen Blocks in der Gästekurve. Die Stimmung war gut, die Party in Ordnung, das Spiel ansehnlich. Der BFC Dynamo feierte seinen 50. Jahrestag, statt Blumen gab es ein 0:4 gegen den Erstligisten Hamburger SV, der auch wegen der alten Zeiten gekommen war. Damals nämlich, als sich der DDR-Vorzeigeklub für den Europapokal der Landesmeister qualifiziert hatte, gab es zwei Aufeinandertreffen, bei dem der BFC dem HSV jeweils knapp unterlegen war.

Eine Fanfreundschaft hatte sich deswegen nicht gebildet, aber Gemeinsamkeiten gab es doch reichlich. Der Stadionsprecher outete sich nach der Partie als HSV-Fan; der Trainer des BFC Dynamo, René Rydlewicz, war Spieler der Hamburger. Und, letzte Gemeinsamkeit, beide Vereine haben bessere Zeiten, der jeweilige Niedergang hat nur vielleicht andere Dimensionen angenommen.

So spielen die Berliner mittlerweile in der Regionalliga, aus der sie so leicht nicht mehr her­ausfinden. Auch in dieser Saison ist die Konkurrenz aus Jena und Leipzig zu stark – im letzten Jahr war es der FSV Zwickau, der sich durchsetzte, erster Gegner des HSV im DFB-Pokal.

Dynamo, das konnte man im bunten Plaste-und-Elaste-Kasten des Jahnsportparks vor 8121 Zuschauern gut sehen, spielt dabei keinen schlechten Fußball. Gut organisiert, technisch versiert, nach vorne mit durchsetzungsfähigen Stürmern – allein Kai Pröger, den man auch ansonsten mit Roy Präger verwechseln könnte, hätte in Halbzeit eins zwei Buden für den BFC machen müssen. Der HSV ließ es nämlich entsprechend ruhig, gar fahrig angehen.

Aber das machte den Klassenunterschied aus: Der BFC bekam vor dem gegnerischen Tor Muffensausen. In der zweiten Halbzeit waren die Männer in Weiß dann kaputt; der HSV, inzwischen beweglicher und kombinationssicher, konterte sich innerhalb von sechs Minuten zu einem 3:0-Vorsprung (Tore: Waldschmidt, Holtby, Lasogga), ehe kurz vor Schluss Bahoui für den Endstand sorgte.

Der HSV war nahezu in Bestbesetzung angetreten, nur ein paar zu Länderspielen abgestellte Spieler wie Djourou oder Kostic fehlten. Nach einer eher kläglichen Vorstellung zu Beginn, die zu „1. Liga, keiner weiß, warum!“-Sprechchören auf der glittergolden geschmückten Gegengeraden führten, stellten die Hamburger in den zweiten 45 Minuten klar, wer Chef auf dem Platz war. Freuen konnten sich die HSV-Fans über den ersten Auftritt von Neueinkauf Douglas Santos; phasenweise spielte der HSV mit einer improvisierten Dreierkette (respektive mit zwei Linksverteidigern, so richtig wurde das nicht klar). Auch Bakery Jatta, der Mann, der aus Gambia geflüchtet war und noch ohne jede Vereinserfahrung vor seinem Engagement beim HSV, wurde eingewechselt. Er spielte ordentlich und legte am Ende das Schlusstor auf.

Für den BFC Dynamo war das Freundschaftsspiel im Zuge des Klubjubiläums trotz der Randale nach dem Spiel eine runde Sache. Es gab neue Einlaufmusik, eine ­alternativ-rockistische Familienatmosphäre mit „Ostberlin! Ostberlin!“-Ausrufen. Konsolidierung am Rand, so könnte man das nennen. Die Polizei musste anschließend noch Präsenz zeigen, als gewaltbereite Dynamo-Fans in einer Tram an der Bernauer Straße und im Mauerpark randalierten. Stellungnahmen von offizieller Seite fehlen dazu noch.

René Hamann

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