LESERINNENBRIEFE
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die tageszeitung | Rudi-Dutschke-Str. 23 | 10969 Berlin | briefe@taz.de | www.taz.de/zeitungDie Redaktion behält sich Abdruck und Kürzen von LeserInnenbriefen vor . Die veröffentlichten Briefe geben nicht unbedingt die Meinung der taz wieder.

Soziale Entwurzelung

betr.: „Immerhin Haselnüsse in Altglienicke“, taz vom 13. 8. 16

Musste denn gleich der Vertrag mit der Pewobe gekündigt werden, wenn die Wohn- und Betreuungsgesellschaft ungeeignete Menschen eingestellt hat? Kann man den Teufel mit dem Belzebub austreiben? Können die Nachbarn, die den Hund ausführen, nicht mal danke sagen, dafür, dass sie hier geboren wurden und nicht in Afghanistan? Führt es automatisch dazu, dass Fremde, die Haselnüsse von Sträuchern am Wegesrand essen, auch private Obstgärten plündern? Und wenn es so wäre, stört es wirklich, wenn Flüchtlinge das essen, was sonst meistens als Fallobst in den Gartenabfallsäcken der BSR landet?

Eigentlich wollte ich ja nur den Gedanken von Seite 3, „Besser dortbleiben als herkommen“, aufgreifen. Früher hat das Entwicklungshilfeministerium auch Projekte der Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) unterstützt, die „Hilfe zur Selbsthilfe“ hießen. Könnte nicht überlegt werden, ob die Flüchtlinge durch Hilfe in kommunalen Einrichtungen oder auf Straßen und Plätzen oder in städtischen Grünanlagen besser zu integrieren sind als durch „Abschiebung“ in Containerstädte am Rande Berlins?

Viele wollen doch sicher arbeiten oder helfen. Wie sollen sie sich in unsere Gesellschaft integrieren, wenn sie in externen Containerstädten ohne Anschluss an Vereine, ohne eigenes Kochen (auch ein unnötiges Vorenthalten der eigenen Identitätsbewahrung – Richtung soziale Entwurzelung) dahin­darben müssen?

Dumpfbacken machen daraus: „So, wie die zusammenlungern, werden die sich nie integrieren.“ Integration setzt das Aufeinanderzugehen aus beiden Richtungen voraus! Ohne das Bemühen der einen Seite (von uns) ist der Integration kein Erfolg beschert.

Wer den armen Menschen, die zu uns kommen müssen, nicht gerne gibt, sondern sein Home mit NATO-Stacheldraht zum Castle machen will, missachtet die „unverletzlichen und unveräußerlichen“ Menschenrechte. Er erniedrigt sich selbst als Mensch. Norbert Voss, Berlin

Billige Qualwurst

betr.: „Auf dem Alex: Kälbchenretter“, taz vom 25. 8. 16

ach, das klingt alles so herrlich entspannt. vorm date auf dem alex noch ein bisschen zeit – noch eine kleinigkeit essen – also eine bratwurst vom grillwalker. macht mich wirklich neidisch, diese fähigkeit auszublenden.

komisch nur, dass es frau bollwahn negativ auffällt, wenn der vegetarische döner „stolze“ 5,50 euro kostet. da is schluss mit locker, wa? war die qualwurst doch nich etwa billiger?

wird da etwa jemand über den preis missioniert? keine sorge, ich esse auch fleisch. und missionieren kann ich auch nicht leiden. und zwar in keinerlei hinsicht!

aber dieses lästige gerechtigkeitsempfinden schaffe ich einfach nicht auszublenden. der festtagsbraten darf und soll also in jeder hinsicht seinen preis haben.

mich kriegen die qualwurstbrater jedenfalls nich zum bestechungspreis. und da bin ich stolz drauf. gruss ausm kuhstall boris krumm, Hopfgarten

Exorbitante Nebenkosten

betr.: „Berlins Grünflächen: Schöneberger Wildnis soll weichen“, taz.de vom 25. 8. 16

Bei der Bebauung werden „45 der 300 Wohnungen“ zu einem Preis „von 6,50 Euro pro Quadratmeter vermietet“, schreibt ihr. War es nicht die taz, die neulich darauf hinwies: Wenn auch die Kaltmieten niedrig sind, so werden doch über die exorbitanten Nebenkosten unerwünschte Mitmieter ferngehalten, damit die ökologische Avantgarde nicht von Aldi-Tüten in der Hand eines Nachbarn erschreckt werde. TURBOPORTER.DE

Suicide by Cop

betr.: „Polizeischüsse auf psychisch Kranke: Abstand halten ist das Wichtigste“, taz.de vom 25. 8. 16

Es ergibt sich überhaupt nicht der Eindruck, dass die Situation hierzulande besser geworden ist. Insbesondere seitdem faktisch vonseiten der staatlichen Ordnungsorgane eigentlich damit zu rechnen wäre, dass psychisch instabile Menschen auch die Methode des „Suicide by Cop“ wählen und ihren Tod mit Waffen­attrappen provozieren. Nicht einmal der Rettungswagen wird prophylaktisch zur Szene der Konfrontation gerufen (Stuttgart), Überlegungen zur alternativen Außergefechtsetzung werden nicht diskutiert und insgesamt bleibt der Eindruck, dass in einem immer menschenverachtender werdenden Staat nach solchen Vorfällen nullkommanichts wieder zur (schießwütigen) Tagesordnung übergegangen wird. Ulrich Frank,taz.de