US-Wahlkampf und Lieferservices: Lieferpizza wegen Wahlkampf-TV?
Amerikaner gehen nicht mehr essen, sondern nutzen Lieferservice. Schuld ist der US-Wahlkampf. Sagt ein amerikanischer Aktienhändler.
O'Cull ist Aktienhändler der amerikanischen Finanzdienstleistungsfirma KeyBanc und auf Restaurant-Aktien spezialisiert. In einem Hinweis an Investoren empfiehlt er ihnen, besonders in Pizzaservices zu investieren, denn diese hätten zurzeit einen hohen Kundenandrang.
Ganz im Gegensatz zu normalen Restaurants, die in den vergangenen Wochen bis zu fünf Prozent an Kunden verloren haben. Den Hauptgrund sieht O'Cull nicht etwa in schlechtem Wetter, was Restaurantbesitzern normalerweise Einbußen beschert, sondern in der „politischen Ungewissheit“. Und die wird wohl bis zu den Wahlen im November anhalten.
In Deutschland ist es nicht ganz so einfach. Nach Angaben des Onlineportals Statista sind Bequemlichkeit und Zeitmangel für Deutsche die Hauptgründe Essen zu bestellen. Dass politische Ungewissheiten wegen eines Wahlkampfs dafür verantwortlich sein soll, ist hier schwer vorstellbar.
Zuhause bleiben, um Wahlkampf-TV zu gucken
In einem Interview mit dem Fernsehsender ABC News erklärt O'Cull näher, was er als Hintergründe vermutet. Es ginge nicht darum, dass die Menschen „Angst haben auszugehen oder sich unwohl fühlen, wenn sie mit Menschen sprechen, die andere politische Sichtweisen haben“, sondern um das „große Interesse an politischen Veranstaltungen, die im Fernsehen ausgestrahlt werden“.
Wenn das so ist, dann wäre das für Restaurantbesitzer zwar ein schlechtes, insgesamt aber ein gutes Zeichen. Denn das würde bedeuten, dass das politische Interesse der Amerikaner in den letzten Wochen gewachsen ist. Beweise hat Chris O'Cull dafür aber nicht. Seine Einschätzungen bauen auf subjektive Erfahrungen und Beobachtungen. Er habe mit Menschen aus dem Business gesprochen, nicht aber mit Nutzern von Bestellservices oder Restaurantbesuchern selbst.
Was steck also dahinter: Politisches Interesse? Oder doch nur Bequemlichkeit? Oder gar nichts? Das wird sich nach der Wahl herausstellen. Und eigentlich geht der Trend noch ganz woanders hin: Denn auch in den USA lassen sich immer mehr Menschen nicht mehr fertiges Essen, sondern einzelne Zutaten liefern. Und die verkocht man natürlich nicht etwa im Restaurant, sondern dort, wo man auch seine Pizza vom Lieferservice gegessen hat – zuhause.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Stromversorgung im Krieg
Ukraine will Atomkraft um das Dreifache ausbauen
Umweltfolgen des Kriegs in Gaza
Eine Toilettenspülung Wasser pro Tag und Person
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja