Richard Rother über die Produktionsausfälle bei Volkswagen
: Das Aufbegehren der Lieferanten

Was wirklich hinter dem handfesten Streit zwischen dem angeschlagenen Weltkonzern VW und zweien seiner sächsischen Zulieferfirmen steht – darüber lässt sich nur spekulieren: Ist es pure Verzweiflung oder Übermut, die die Sachsen zum Lieferboykott gebracht haben, obwohl sogar eine Gerichtsentscheidung zur Lieferung verpflichtet? Fakt ist: Der dadurch hervorgerufene massive Produktionsausfall schädigt Volkswagen und die Zulieferer. Sie sollten deshalb ihren Streit schnell beilegen, wenn nötig, auch mit Hilfe politischer Vermittlung. Denn der Schaden geht über VW und seine Lieferanten hinaus, nicht nur weil auch die öffentliche Hand Kosten der Kurzarbeit trägt.

Angekratzt ist auch der international gute Ruf der hiesigen Indus­trie und des Mittelstands. Wenn in einer hochspezialisierten Produktionskette Teile nicht rechtzeitig geliefert werden, kann diese schnell reißen – was letztlich Jobs gefährdet. Damit dies nicht geschieht, investiert Deutschland jährlich Milliarden in die In­fra­struktur, und streikende Lokführer müssen sich regelmäßig harsche Kritik gefallen lassen. Vor diesem Hintergrund mutet es absurd an, dass nun der Staat einspringen soll, weil die Unternehmen nicht in der Lage sind, ihre Konflikte im Vorfeld friedlich ­zu lösen.

Gut möglich, dass Volkswagen zu hart gegenüber seinen Partnern aufgetreten ist, um Kosten zu drücken. Schließlich muss der Konzern irgendwie die Milliarden Folgekosten des selbst verschuldeten Abgasskandals aufbringen. Aber auch die Zulieferer müssen aufpassen: Ihr „Augen zu und durch“-Aufbegehren schadet nicht nur den Beziehungen zu ihrem Wolfsburger Auftraggeber; sie haben auch einen Ruf als zuverlässige Lieferanten zu verlieren. Wer macht schon gern Geschäfte mit einem Partner, der seine Verträge nicht einhält? Das Wirtschaftsleben ist kein Spiel, aber von dem in Sachsen beliebten Skat können VW und Zulieferer lernen: Wer sein Blatt überreizt, verliert schnell.

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