: VW streitet um Nachschub
Industrie Weil Zulieferfirmen nicht liefern, können 20.000 Volkswagen-Beschäftigte nicht wie gewohnt arbeiten. Am heutigen Montag wollen die Unternehmen verhandeln
Von Richard Rother
Der Produktionsstopp soll bis zum Wochenende gelten. Im Werk im sächsischen Zwickau wird die Montage des Golfs und des Passats ebenfalls heruntergefahren. Im VW-Werk im niedersächsischen Emden läuft bereits Kurzarbeit. Insgesamt sind mehr als 20.000 VW-Mitarbeiter betroffen, die nicht so arbeiten können wie normal.
Hintergrund ist: Die in Sachsen ansässigen Firmen Car Trim und ES Automobilguss, die beide zur Unternehmensgruppe Prevent gehören, haben die Lieferung von Sitzbezügen und Getriebeteilen an Volkswagen ausgesetzt. Obwohl eine einstweilige Verfügung des Braunschweiger Landgerichts die Firmen dazu verpflichtet hat, ihre vertraglichen Leistungen zu erfüllen, gibt es keinen Nachschub. Am Montag wollen sich Vertreter von VW und der Zulieferer zu Verhandlungen treffen.
Gleichwohl treibt VW die juristische Auseinandersetzung voran. Der Konzern hat beim Landgericht Braunschweig bereits mehrere Anträge gestellt, bei einer fortgesetzten Lieferverweigerung Ordnungsgeld, Ordnungshaft oder „Ermächtigung zur Ersatzvornahme“ anzuordnen. Letzteres könnte zur Beschlagnahmung der benötigten Teile führen.
Laut Süddeutscher Zeitung ist der Auslöser des Konflikts eine von Volkswagen gekündigte Entwicklungskooperation mit Car Trim. Die Firma fordere deshalb Millionen. Einen Teil der Forderungen habe Car Trim an ES Automobilguss abgetreten, sodass auch diese Firma Ansprüche gegen Volkswagen geltend machen kann. Insgesamt gehe es um 58 Millionen Euro.Aus Sicht der Zulieferer ist die schwierige Lage Folge einer frist- und grundlosen Kündigung von Aufträgen seitens VW. Volkswagen habe keinen Ausgleich dafür gewährt. Deswegen „sahen sich Car Trim und ES Automobilguss letztlich zum Lieferstopp gezwungen“, hieß es. Für die Krise bei VW sei man nicht verantwortlich. VW verlagere seine Probleme auf die Zulieferindustrie.
Harte Kritik kam vom Land Niedersachsen, dem zweitgrößten Aktionär von VW. Der schon jetzt beträchtliche Schaden würde sich mit jedem Tag vergrößern, warnte Ministerpräsident Stephan Weil (SPD). Sollte die Verhandlungslösung scheitern, müsse Druck ausgeübt werden: „Dann wird man auch Zwangsmaßnahmen aufnehmen müssen.“ VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh verurteilte den Lieferstopp. „Hier läuft ein ganz mieses Spiel“, sagte er der Bild-Zeitung.
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