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Eine neue Regierung, die fast die alte ist

Serbien Für Premier Vučićhat ein erfolgreicher Abschluss der EU-Beitrittsverhandlungen Priorität

Im Herbst wird Russlands Regierungschef Dmitri Medwedjew in Belgrad erwartet

AUS BELGRAD Andrej Ivanji

Die politische Szene Serbiens ist seit Jahren eine One-Man-Show. Es dreht sich alles um den alten und neuen Ministerpräsidenten Aleksandar Vučić. Seine Entscheidung war es, vorgezogene Parlamentswahlen am 24. April auszuschreiben, zwei Jahre vor Ende des Mandats und trotz absoluter Mehrheit. Obwohl seine Serbische Fortschrittspartei (SNS) wieder die absolute Mehrheit gewann, ließ er seine Minister, Parteigenossen und möglichen Koalitionspartner über drei Monate zappeln, bis er zu Wochenbeginn endlich die Zusammensetzung der neuen Regierung bekannt gab.

Acht neue Minister holte Vučić an Bord und sprach vom „frischen Blut“ und einer „kämpferischen Regierung“. Er wechselte unter anderem den Wirtschaftsminister, den Justizminister und den Kultur- und Informationsminister aus. Großes Aufsehen erregte die Nominierung von Ana Brnabić zur Ministerin für öffentliche Verwaltung und lokale Selbstverwaltung, die sich offen zu ihrer Homosexualität bekennt. Manche Kommentatoren schrieben, dies sei ein Zugeständnis an die EU gewesen, die Serbien mehrfach wegen der Situation von LGBT-Rechten kritisiert hat.

Vučić holte auch den alten Koalitionspartner, die Sozialistische Partei Serbiens (SPS), in die Regierung. Sie gilt als prorussisch. SPS-Chef Ivica Dačić bleibt Außenminister, seine Partei erhält wieder das für Russland wichtige Ministerium für Energetik.

Die russische Tageszeitung Kommersant schrieb, dass die Zusammensetzung der Regierung auf die Fortsetzung einer zwischen Russland und dem Westen ausbalancierten Politik Serbiens hindeute. Im Herbst wird Russlands Regierungschef Dmitri Medwedjew in Belgrad erwartet.

Am Montag hatte Vučić im Parlament stehend und ohne Pause über sechs Stunden sein Exposé verlesen. Er wollte wohl seinem Image als jemand, der stets schuftet, sich mehr aufopfert und mehr aushält als alle anderen, gerecht werden.

Es ist ein altes Thema im serbischen Parlament, dass Vučić eine bessere Blase hat als die Abgeordneten und seine Minister. Der Chef der ultranationalistischen Serbischen Radikalen Partei (SRS) Vojislav Šešelj, der ehemalige politische Ziehvater von Vučić, bemerkte höhnisch, dass man sich wohl besser Windeln besorgen sollte. Vučić antwortete trocken, dass er keine brauche.

Im Großen und Ganzen gab es im Exposé von Vučić nichts Neues: Serbiens Ziel sei es in den nächsten vier Jahren, alle Kapitel der EU-Beitrittsverhandlungen zu schließen, dabei gute Beziehungen zu Russland und China aufrechtzuerhalten. Strukturreformen sollen durchgesetzt, die Wirtschaft soll angekurbelt, der Lebensstandard verbessert, das Kosovo jedoch auch weiterhin nicht anerkannt werden.

Die Opposition kritisierte die „substanzlose Wunschliste“ des Premiers, stellte die Frage, warum überhaupt vorgezogene Wahlen ausgeschrieben wurden und Vučić über drei Monate mit der Regierungsbildung zögerte, wo sich doch kaum etwas geändert habe. Diese Fragen blieben unbeantwortet.

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