OFF-KINO

Off-Kino

Lars Penning

Filme aus dem Archiv– frisch gesichtet

Ein Lieblingsfilm: Douglas Sirks Komödie „Has Anybody Seen My Gal?“(1952) mag an der Oberfläche wie eine eher harmlose Familien- und Liebeskomödie daherkommen, doch die darin enthaltenen satirischen Elemente sind eine böse Abrechnung mit dem American Way of Life. Denn im Haus einer zur unteren Mittelschicht gehörigen Familie hat sich unerkannt der Millionär Samuel Fulton (Charles Coburn) eingemietet, der insgeheim plant, Mutter Harriet – eine Nachkommin seiner Jugendliebe – das Vermögen zu vererben. Doch zunächst lässt er der sympathischen Durchschnittsfamilie in­kognito 100.000 Dollar zukommen. Nun geht es los: Angetrieben von Harriet entwickeln sich fast alle Familienmitglieder zu neureichen, korrumpierten Ekelpaketen. Nichts ist mehr gut genug: Das alte Haus wird gegen einen stillosen Prunkbau mit Säulenfront eingetauscht, Tochter Millicent (Piper Laurie) soll anstelle ihres alten Freundes Dan (Rock Hudson) einen reichen Schnösel heiraten, und selbst der Familienhund, eine nette Promenadenmischung, wird ab- und dafür französische Pudel angeschafft. Der Vater spekuliert mit Aktien, der Sohn spielt um Geld – ständig hat Samuel alle Hände voll zu tun, um die Familie aus Schwierigkeiten zu befreien, in die sie sich hineinmanövriert. 90 todlustige Minuten in Technicolor, aber auf diese schön fiese Weise, bei der einem das Lachen mitunter im Halse stecken bleibt (OF,11. 8., 16. 8., 20 Uhr, Zeughauskino).

Ein ebenfalls immer sehenswerter Klassiker ist Yasujiro Ozus Familiendrama„Ban­shun“(1949), in dem er das Verhältnis von Eltern zu ihren Kindern analysiert und dabei auch die langsam eintretenden Veränderungen in der japanischen Gesellschaft nach dem Zweiten Weltkrieg reflektiert. „Banshun“ erzählt von einem Abnabelungsprozess: Während die 27-jährige Tochter (Setsuko Hara) ihren verwitweten Vater (Chishu Ryu) nicht verlassen will, ist dem Professor völlig klar, dass es Zeit für sie wird, ihre eigene Familie zu gründen. Schließlich gibt er vor, selbst wieder heiraten zu wollen. Ozus „Tokyo monogatari“(1953) schildert (wiederum mit Ryu und Hara) Ähnliches aus einer leicht verschobenen Perspektive: Ein älteres Ehepaar aus der Provinz reist zum Besuch der erwachsenen Kinder nach Tokio, wo niemand Zeit oder Lust hat, sich um die beiden Alten zu kümmern. Alle Filme Ozus betonen die Notwendigkeit eines natürlichen Lebenszyklus – doch sie verhehlen auch nicht die Schmerzen, die dies mit sich bringt. Am Ende steht immer die Einsamkeit (Banshun, OmU, 11. 8., 21 Uhr, Tokyo monogatari, OmU, 14. 8., 20 Uhr, Arsenal 1).