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MUSIK

MusikTim Caspar Boehmehört auf den Sound der Stadt

Zikaden zirpen, von fern dringen menschliche Stimmen ans Ohr, ein Lkw startet aufbrummend – Alltagsgeräusche eben. Musik würde man das unter gewöhnlichen Versuchsbedingungen kaum nennen. Die skizzierte Klangkulisse ist eigentlich fast nichts, und genau so heißt auch eine Komposition des Franzosen Luc Ferrari, der aus den genannten Zutaten seinen Skandal-Hit „Presque rien“ von 1970 erstellt hat. Anlass für den Hinweis ist diesmal kein Konzert, sondern eher der Umstand, dass diese Woche fast nichts an Bemerkenswertem aus der Musik zu bieten hat – und die vor Kurzem erschienene Veröffentlichung „Approaching Nothing“ (Baskaru) des Australiers Lawrence English. Der ist eigens an denselben Ort gefahren wie einst Ferrari, nämlich in die Hafenstadt Vela Luka auf der kroatischen Insel Korčula, von wo English mit Aufnahmen von Kirchenglocken und Vogelgezwitscher zurückgekehrt ist. Entgegen allen Bedenken bereitet seine Musik echtes Hörvergnügen und erfordert sogar ein wenig Konzentration.

Selbstverständlich gibt es diese Woche die eine oder andere Hör-Alternative. Wer seine Umweltgeräusche gern mit Gitarre und Schlagzeug würzt, kann sich guten Gewissens am Freitag ins Berghain begeben, wo das Knüppel-aus-dem-Sack-Duo Lightning Bolt aufspielt. Die Musiker aus Providence, der Hauptstadt von Rhode Island, seines Zeichens kleinster Bundesstaat der USA, holen aus ihrer minimalen Besetzung ein Maximum an Wumms und Dichte heraus. Zu empfehlen ist auch der vorab aufspielende Japaner Shigeru „Shige“ Ishihara alias DJ Scotch Egg, der Gameboy-Klänge mit Breakcore-Beats zu epilepsiefördernden Kurzattacken formt, sehr zum Vergnügen aller Anwesenden (Am Wriezener Bahnhof, 21 Uhr, VVK 20 €).

Wer danach noch den Wunsch nach handverlesenen Kostbarkeiten der Klangkunst verspürt, kann diesem Bedürfnis am selben Abend im Bei Ruth nachgehen, wo die für ihre ausgesuchten Fertigkeiten beim Plattenauflegen gefeierte niederländische DJ Marcelle mit Musik verschiedenster Provenienz das geneigte Publikum erfreuen wird – und dem Vorurteil entgegenwirkt, DJ-Sets seien keine musikalischen Darbietungen im engeren Sinn (Ziegra­str. 11, 23 Uhr).

Am Samstag könnte man sich dann überlegen, den Weg in die Waldbühne auf sich zu nehmen, um dort dem massentauglichen Auftritt des West-Eastern Divan Orchestra unter der Leitung ihres Dirigenten Daniel Barenboim beizuwohnen. Der Besuch lohnt sich insbesondere durch die Mitwirkung der ebenfalls wie Barenboim aus Argentinien stammenden Solistin Martha Argerich, die das Klavierkonzert Nr. 1 von Franz Liszt zum Besten geben wird (Am Glockenturm, 19 Uhr, 23,55–72,55 €).

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