: Mieten nach Einkommen
Sozialwohnungen Stadtentwicklungssenator möchte auch die teuren Wohnungen ohne Anschlussförderung an den Mietspiegel anpassen
Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD) hat gestern Pläne für eine grundlegende Reform des sozialen Wohnungsbaus in Berlin vorgestellt. Damit soll der Wohnungsbestand bis 2025 von derzeit 117.400 auf 120.300 steigen. Geisel folgt damit teilweise einer Expertenkommission aus Mietern, Vermietern und weiteren Verbänden, die in der vergangenen Woche ihren Abschlussbericht vorgelegt hatte.
Der unstrittigste Punkt ist die Senkung der Erbbauzinsen bei landeseigenen Grundstücken und die Senkung der Zinsen für Förderdarlehen. Letzteres wurde von der Berliner Investitionsbank IBB bereits umgesetzt. Langfristig sollen die Mieten im sozialen Wohnungsbau auf durchschnittlich 6 Euro pro Quadratmeter gesenkt werden.
Die Mieten sollen zukünftig jedoch nach Einkommen gestaffelt werden. Hartz-IV- und Grundsicherungsempfänger sollen 5,25 Euro pro Quadratmeter zahlen, Niedriglöhner mit WBS 5,75 Euro. Wer mehr verdient, muss 6,75 Euro entrichten. Das betrifft etwa die, die nach einer Phase längerer Arbeitslosigkeit wieder eine gut bezahlte Stelle gefunden haben.
Laut Geisel wären davon etwa 40 Prozent der derzeitigen Sozialmieter betroffen. Er betonte aber, dass die 6,75 Euro noch unter dem Wert des Mietspiegels für entsprechende Wohnungen lägen. „Haushalte, die ein höheres Einkommen erzielen, zahlen eine höhere Miete, ohne dass sie ausziehen müssen“, sagte er. Dies sei kein Zurück zur wesentlich höheren Fehlbelegungsabgabe, die Mieter mit gestiegenem Einkommen früher für Sozialwohnungen errichten mussten, sondern eine „Gerechtigkeitsabgabe“.
Dafür ist ebenso ein neues Gesetz notwendig wie für die von Geisel geplante Korrektur bei Sozialwohnungsbeständen ohne staatliche Anschlussförderung. Der rot-rote Senat hatte diese gestoppt. Die Vermieter waren danach nicht an den Mietspiegel gebunden, sondern konnten die sogenannte Kostenmiete erheben. Sie liegt bei über 13 Euro pro Quadratmeter. Ehemalige Sozialwohnungen sind daher oft teurer als normale Wohnungen. Dies hatte immer wieder für Schlagzeilen gesorgt. So etwa 2010, als sich der Mieteraktivist Dieter Bernhardt, selbst von einer solchen Mieterhöhung betroffen, das Leben nahm. Zukünftig sollen solche Wohnungen an den Mietspiegel angepasst werden.
Geisels Vorschlag kommt zwei Monate vor den Abgeordnetenhauswahlen. Dass das Gesetz noch in dieser Legislaturperiode beschlossen wird, scheint deshalb wenig wahrscheinlich.
Martin Reeh
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