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Weibliche Inspiration

Erinnern Nach wie vor werden in Berlin zu wenige Straßen und Plätze nach interessanten Frauen benannt. Eine Website könnte da Abhilfe schaffen

von Susanne Messmer

Sie passieren täglich Straßen, die nach Frauen benannt sind, die Sie nicht kennen? Selbst Wikipedia hilft nicht weiter? In diesem Fall könnten Sie es mit einer neuen Webpage des Berliner Kulturrings versuchen. Nachdem der Verein 2012 eine Seite für „Frauenpersönlichkeiten in Mitte“ eingerichtet hat, zieht er jetzt mit „Frauenpersönlichkeiten in Friedrichshain-Kreuzberg“ nach.

Über je 100 Frauen informieren die Seiten – Frauen, nach denen Straßen, Plätze und Schulen in Mitte und Friedrichshain-Kreuzberg benannt sind, oder an die Gedenktafeln, Grab- oder Stolpersteine erinnern. Darüber hinaus werden Frauen vorgestellt, die die Gesellschaft verändert haben, die aber in Vergessenheit geraten sind. Mancher Bezirkspolitiker könnte sich hier inspirieren lassen, wenn es um die Namensfindung für eine Straße geht.

Inspiration ist in dieser Beziehung auch nötig, denn nach wie vor sind nur etwa zehn Prozent der Straßen und Plätze in dieser Stadt nach Frauen benannt. Nach den Ausführungsvorschriften des Berliner Straßengesetzes sollen bei der Benennung von Straßen und Plätzen Frauen „verstärkt Berücksichtigung finden“. Sowohl Mitte als auch Friedrichshain-Kreuzberg legen seit Jahren strenge Kriterien an – andere wie Pankow sehen das weniger streng.

Schon gewusst?

Margarete von Witzleben, geboren 1853, wuchs auf einem Rittergut auf und wurde seit ihrem zweiten Lebensjahr immer schwerhöriger. Gemeinsam mit einem Berliner Ohrenarzt forderte sie Anfang des 20. Jahrhunderts behindertengerechte Beschulung. In Mitte und Charlottenburg erinnern zwei Gedenktafeln an sie, in Friedrichshain wurde eine Schule nach ihr benannt.

Clara von Simson, geboren 1897, wuchs in einer deutschjüdischen Familie auf und begann 1918 bei Albert Einstein und Max Planck Physik und Chemie zu studieren. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurde sie der Universität verwiesen, 1951 habilitierte sich an der TU Berlin als erste Frau in Physik, 1952 wurde sie Direktorin des Lette-Vereins. In Kreuzberg erinnert ein Ehrengrab an sie, in Charlottenburg eine Straße.

Mehr Geschichten unter www.kulturring.org/frauenpersoenlichkeiten

Auf der Seite des Kulturrings sind nun Geschichten nachzulesen, die ansteckend wirken könnten: Über Widerstandskämpferinnen, Musikerinnen, Frauenrechtlerinnen. Eine der interessantesten ist die der Schriftstellerin, Salonière und Illustratorin Marie von Olfers – den Nachnamen werden vor allem Eltern kennen. Tatsächlich hatte Marie von Olfers großen Einfluss auf ihre Nichte, die Kinderbuchautorin Sibylle von Olfers, die den Jugendstil-Klassiker „Etwas von den Wurzelkindern“ geschrieben hat.

Marie von Olfers wurde 1826 als zweites Kind von Ignatz und der Schriftstellerin Hedwig von Olfers geboren. Im Salon der Mutter, den Marie übernahm, gingen Rainer Maria Rilke und Hugo von Hofmannsthal ein und aus. Auch schrieb sie tolle Kinderbücher. In Kreuzberg erinnert nur ein Grabstein an sie.

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