: Vorschnell blamiert
HETZE Noch während des Münchner Amoklaufs wollten AfD und andere Rechte die Tat für ihre Zwecke instrumentalisieren
Über den Täter war bis dahin noch nichts bekannt. Für die AfD aber war er bereits verortet: ein Flüchtling. Mehr noch: Als Schuldige an dem Angriff machten die Rechtspopulisten die Kanzlerin und ihre Flüchtlingspolitik aus. Auch AfD-Bundeschefin Frauke Petry verknüpfte einen Tweet über die Münchner Gewalttat mit dem Hashtag: #afdwählen. Anders als der AfD-Bundespressesprecher Christian Lüth, der das gleich tat, löschte Petry die Nachricht trotz etlicher erboster Reaktionen nicht.
Noch drastischer äußerte sich Jürgen Elsässer, Chefredakteur des Rechtsaußen-Magazins Compact: „Das Gebot der Stunde ist Wehrhaftigkeit“, schrieb er ebenso noch am Abend – ohne Kenntnis der genauen Sachlage. Alle „verantwortungsbewussten Kräfte“ im Land seien nun aufgerufen, die Grenzen „sofortig“ zu schließen: „Kein Moslem darf mehr rein oder raus.“ Flüchtlingszentren müssen „abgeriegelt“, Moscheen geschlossen werden. „Wir sind im Krieg“, verstieg sich Elsässer, „und es geht um Landesverteidigung“.
Die Entgleisungen kamen aber nicht nur aus dem ganz weit rechten Spektrum. Auch ein CDU-Mann beteiligte sich. „Das ist der Wendepunkt“, schrieb Maximilian Krah, Mitglied im Dresdner Kreisvorstand, auf Twitter über die Tat in München. „Die Willkommenskultur ist tödlich.“ Auch für Krah stand da die Münchner Gewalttat längst im Zusammenhang mit der Flüchtlingspolitik.
Für die Rechtsausleger wurden die Tweets schließlich zum Bumerang – als klar wurde, dass der Täter keineswegs Flüchtling war und auch nicht aus islamistischen Motiven handelte. Parteiübergreifend wurden die Scharfmacher heftig kritisiert.
Peter Tauber, Generalsekretär der CDU, schrieb: „Manche sollten sich nach ihren Tweets heute schämen.“ Der sozialdemokratische Bundesvize Ralf Stegner bekräftigte: „Den rechten Hetzern ist nichts heilig. Pietätlos gegenüber Opfern und Angehörigen, kochen sie ihr braunes Süppchen.“ Sebastian Striegel, Innenexperte der Grünen aus Sachsen-Anhalt, forderte auch Konsequenzen: den Rücktritt von AfD-Landeschef Poggenburg. Nach dessen Entgleisung sei dieser „nicht mehr tragbar“. Konrad Litschko
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