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Eine Partei spaltet sich über einen Erbschaftsstreit

TUNESIEN Der Sohn des Präsidenten möchte die Führung seiner Partei Nidaa Tounes übernehmen

Eine „Regierung der nationalen Einheit“ soll einen Ausweg aus der politischen Krise bringen

VON Reiner Wandler

MADRID taz | Tunesien Regierung steckt in einer Krise. Der parteilose Premier Habib Essid, der seit Anfang 2015 im Amt ist und von der damals stärksten Partei Nidaa Tounes unterstützt wurde, steht nicht nur in der Kritik der Opposition, sondern auch in der eines Teils seiner einstigen Unterstützer.

Denn Nidaa Tounes, die von Staatspräsident Béji Caïd Es­seb­si gegründet wurde, um den Übergang von der 2011 gestürzten Diktatur zur Demokratie anzuführen, ist mittlerweile tief gespalten. Der Grund ist die Frage der Nachfolge an der Parteispitze. Essebsis Sohn Hafedh würde den Posten gern übernehmen. Dies endete im innerparteilichen Streit.

Als 31 der 87 Abgeordneten die Partei verließen, wurde die bisher zweitstärkste Kraft, die islamistische Ennahda, stärkste Parlamentsfraktion. Essids Regierung ist seit Herbst 2015 so gut wie handlungsunfähig.

Essebsi hat diese Entwicklung vorhergesehen und arbeitet seit Monaten an dem Plan einer „Regierung der nationalen Einheit“. Vergangenen Mittwoch wurde im Präsidentenpalast ein entsprechendes Abkommen von den wichtigsten Parteien, unter ihnen Nidaa ­Tounes und Ennahda, sowie dem mächtigen Gewerkschaftsdachverband UGTT, dem Industrieverband Utica und dem Landwirtschaftsverband Utab unterzeichnet.

Die neue Regierung soll sich verstärkt dem Kampf gegen den Terrorismus, der wirtschaftlichen Entwicklung sowie dem Kampf gegen Jugendarbeitslosigkeit und Korruption widmen. Außerdem soll die Verwaltung mit dem Ziel reformiert werden, den Gemeinden mehr Kompetenzen einzuräumen.

Doch bis eine „Regierung der nationalen Einheit“ steht, dürfte noch einige Zeit vergehen. Noch ist Essid im Amt. Er weigert, sich zurückzutreten. Stattdessen will er sich demnächst einem Vertrauensvotum im Parlament stellen, das er vermutlich verlieren wird. Seine Lage wird immer schwieriger. Er hat nicht nur das Vertrauen des Präsidenten verloren, sondern auch das eines Teils seiner Minister. Die Regierung ist gespalten. Ein Teil des Kabinetts steht hinter dem Plan des Staatspräsidenten, ein anderer möchte an der bisherigen Regierung festhalten.

Nur wenige Oppositionskräfte haben das Abkommen nicht unterzeichnet. Allen voran die linke Volksfront unter dem Kommunisten Hamma Ham­mami. Diese sieht darin ein „Manöver, um an der Macht zu bleiben“.

Wäre Habib Essids Regierung ohne Abkommen vom Parlament gestürzt worden, dann hätte Nidaa ­Tounes tatsächlich die Macht verloren. Und dann hätte Staatschef Béji Caïd Essebsi die stärkste Fraktion mit der Regierungsbildung beauftragen müssen. Das wäre nach der Spaltung von Nidaa Tounes die islamistische Ennahda. Die Partei unter Rachid Ghannouchi hat in den letzten Monaten innerparteiliche Veränderungen vorgenommen, um für mehr Menschen wählbar zu werden. So sollen künftig keine religiösen Würdenträger mehr Parteiämter einnehmen.

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