Frei oder nicht frei

Die Geflügelwirtschaft will im Gegensatz zu den Politikern die Freilandhaltung sofort flächendeckend verbieten

Im Umgang mit der Vogelgrippe sind sich Politiker und Geflügelfleischproduzenten im Norden uneins. Während Niedersachsens Landwirtschaftsminister das partielle Verbot der Freilandhaltung von Geflügel für ausreichend hält und Schleswig-Holstein bislang ganz auf ein Verbot der Freilandhaltung verzichtet, forderte der Vizepräsident des Zentralverbandes der deutschen Geflügelwirtschaft, Wilhelm Hoffrogge, alle Tiere sofort flächendeckend einzusperren.

Branchen-Sprecher Hoffrogge erachtet das Risiko einer Verschleppung der Vogelgrippe nach Deutschland zwar als gering, aber: „Wir können uns keinen einzigen Vogelgrippefall leisten“. Die Bestände seien mit „allen Mitteln zu schützen – aus wirtschaftlichen Gründen wie aus Tierschutzgründen“. Kommenden Montag wird in Kiel weiter beraten werden, ob eine Aufstallung vom Ministerium anzuordnen ist. Auch Niedersachsen prüfe nach wie vor, ob die Haltung von Geflügel im Freien für das ganze Land verboten werde, so ein Ministeriumssprecher. Derzeit ist in Niedersachsen das Verbot auf Regionen begrenzt, in denen bevorzugt Zugvögel Rast machen.

Neben den Zugvögeln ist die Einschleppung des Virus durch Reisende die zweite große Gefahrenquelle. Hier liegt das Augenmerk im Norden auf den Flug- und Fährhäfen. Der Zoll achtet dort darauf, dass niemand aus Südostasien, der Türkei und Rumänien lebende Tiere, Lebensmittel oder Tierbestandteile wie Federn einführt.

In Kiel wies unterdessen der Geschäftsführer der Apothekerkammer, Frank Jaschkowsk, darauf hin, dass Grippeimpfstoffe in Schleswig-Holstein nicht mehr in ausreichender Menge zur Verfügung stehen. „Nicht zuletzt wegen der zahlreichen Medienberichte über die Vogelgrippe ist der Bedarf an Impfungen gestiegen“, sagte Jaschkowski. Sollte es einen erhöhten Bedarf geben, können die Stoffe nicht kurzfristig nachproduziert werden.

Die Nachfrage betrifft das verschreibungspflichtigen Grippemedikamente Tamiflu, ein Medikament, das die Vermehrung von Viren hemmt. Wichtig könnte das nicht nur in Bezug auf die Vogelgrippe werden: Gefährlicher als der Vogelgrippe-Erreger H5N1 wäre für den Menschen die Entstehung eines neuen Viren-Typs, wenn sich der Erreger H5N1 mit einem Erreger der Humangrippe verbindet. kli/dpa