heute in hamburg: „Kein reiner Sozialismus“
Konzert Der kubanische Liedermacher Gerardo Alfonso sieht sich als Botschafter der Revolution
58, ist ein Protagonist der jungen Generation der Liedermacher-Gruppierung „Nueva Trova Cubana“.
taz: Herr Alfonso, dass die Nueva Trova die kubanische Musik erneuerte, ist über 40 Jahre her. Stehen die Liedermacher heute im Schatten von Salsa, Reggaetón und Co.?
Gerardo Alfonso: Ja, die Nueva Trova Cubana ist derzeit sicherlich nicht total angesagt bei der Jugend Kubas, aber sie steht für eine Ästhetik, für eine Poetik, die Teil der kubanischen Kultur und Identität ist.
Mit „Sabanas Blancas“ haben Sie zwar eine Hymne auf Havanna verfasst, aber sicher nicht Abertausende CDs verkauft. Wovon leben Sie?
Ich habe zu Beginn der 1980er-Jahre angefangen, Lieder auf meiner Gitarre zu komponieren. Das hat den Leuten gefallen, sie haben mich und meine Art über den Alltag zu singen akzeptiert. Ich spiele in Kulturzentren, in Cafés und erhalte als Künstler einen festen Lohn vom Staat. So gibt es eine Absicherung. Aber natürlich ist es wichtig, auch international präsent zu sein, zu touren, denn Kuba hat nicht viel zu verteilen.
Was bedeutet Ihnen so eine Tour quer durch Deutschland? Fühlen Sie sich als Botschafter eines Kubas im Wandel?
Eine Tour mit zwölf Stationen in Deutschland ist für mich natürlich eine große Ehre, denn ich werde ja nicht nur auftreten, sondern auch diskutieren und Menschen treffen, die sich solidarisch verhalten. Und es ist die erste Tour mit meinem Sohn. Für mich als Vater überaus spannend, denn natürlich bin ich sicher, dass mein Sohn Talent hat.
Was kann Kuba jungen Menschen wie Ihrem Sohn bieten? Viele verlassen die Insel.
Vieles hängt von der wirtschaftlichen Entwicklung ab. Nur mit Wachstum können wir der Jugend die nötigen Optionen bieten. Deshalb können wir uns keinen Dogmatismus leisten. Einen Sozialismus in Reinkultur können wir uns nicht mehr leisten.
Warum verteidigen Sie die Revolution dennoch?
Weil mit der Revolution ein soziales Projekt verknüpft ist, das trotz aller Fehler, die begangen wurden, funktioniert und alternativlos ist.
Was bedeutet die Hilfe der Kampagne Cuba Sí?
In meinen Fall sehr viel, denn ich habe Glück gehabt und bis 2007 in einem Projekt namens „Almendares Vivo“ mitgearbeitet. Im Almendares-Park in Havanna konnten sich junge Künstler in einem Amphitheater präsentieren und es wurden Gagen aus einem Hilfsfonds gezahlt, weil nur ein symbolischer Eintrittspreis bezahlt wurde.
INTERVIEW: KNUT HENKEL
20 Uhr, Tschaikowsky-Saal, Tschaikowskyplatz 2
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