LeserInnenbriefe:
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Die veröffentlichten Briefe geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.
„Würstelgate“
betr.: „Armes Würstchen“, taz vom 27. 6. 16
Anna Böcker stellt in ihrem Meinungsbeitrag zum Wiesenhofschen „Würstelgate“ eine spannende Frage: Welche Zielgruppe will Wiesenhof mit Atze Schröders Wurst-Penis erreichen? Eine Zielgruppe, die jedenfalls erreicht wurde, sind die taz-Leser: Wiesenhof auf S. 7, 10 und 18 in einer einzigen Ausgabe – und ohne einen Cent dafür zu bezahlen. Das muss man erst mal schaffen!
Zugegeben: In dem Umfang geplant war das wohl kaum, wenn die Gina-Lisa-Aktion nicht Teil einer Kampagne war (aber dann müsste der Marketingmanager von Wiesenhof Frank Underwood heißen). Dass aber abgehalfterte Politiker und Showgrößen zum kalkulierten Skandal greifen, um sich ins Gespräch zu bringen, ist ja nichts Neues. Wieso sollte das nicht das Kalkül von Wiesenhof gewesen sein? Bekanntheit ist schließlich eine der wichtigsten Größen, an der Werbewirkung gemessen wird. Und es dürfte genügend Wurstesser geben, denen Atze zu plump ist, die aber hyperventilierende Political Correctness ebenfalls zum Gähnen finden – bei dieser Zielgruppe könnten sich positive und negative Imagefaktoren die Waage halten. Was bleibt, ist Markenbekanntheit. Fragt doch mal die PR- oder Werbeagentur von Wiesenhof danach! RAINER ASSMANN, Filderstadt
Die Werbung fehlt
betr.: „Lügen. Das 1 x 1 der Lüge“, taz vom 27. 6. 16
In Ihrer Aufzählung fehlt die verbreitetste und folgenreichste Lüge unserer Zeit: die Werbung.
„Da sind die Hersteller, die Unmengen von Schundartikeln erfinden, die Ladenbesitzer, die sie ausstellen, und die Zeitungen und Magazine, die mit zahllosen Anzeigen für sie werben. … Kommt man zu dem hypermodernen Beruf der Werbung, der Wissenschaft, wie man Leute überredet, etwas zu kaufen, was sie gar nicht brauchen, so ist man recht eigentlich im Zentrum des grausigen Beinhauses kapitalistischer Zerstörungswut und weiß kaum, welche von einem Dutzend Scheußlichkeiten man zuerst anprangern soll.“ (Upton Sinclair: „Der Dschungel“, geschrieben 1904 in den USA, Aufbau Verlag 1974.)
Die Werbung ist allgegenwärtig, an jedem Ort, zu jeder Zeit. Sie hat die Lüge gesellschaftsfähig gemacht. Auf den vier Seiten der taz zum Thema Lüge kommt die Werbung nicht vor.
BERND SCHÜNGEL, Berlin
Das Gebot kommt nicht vor
betr.: „Lügen. Sag bloß!“, „Die Gläubige“, taz vom 27. 6. 16
Ich hätte wetten können, dass von „zwanzig ausgebildeten Journalist*innen“ bei einer „taz akademie“ keine(r) großes Interesse an der Frage hat, ob es in der Bibel unter den Zehn Geboten tatsächlich eins mit dem Wortlaut „Du sollst nicht lügen“ gibt. Und richtig: Es genügt Ihnen, was eine evangelikale Straßenmissionarin aus den USA darüber weiß.
Das Gebot kommt nicht vor. Das Gebot lautet: „Du sollst nicht falsch gegen deinen Nächsten aussagen“ oder bei Luther: „Du sollst kein falsch Zeugnis reden wider deinen Nächsten.“ Und das ist etwas ganz anderes als eine beliebige Lüge: Es ist (wie die meisten anderen Gebote) eine sozialrechtliche Vorschrift, die den Einzelnen vor Verleumdung und falscher Beschuldigung schützt. Das Gebot ergibt zusammen mit „Du sollst nicht stehlen, nicht ehebrechen, das Eigentum anderer respektieren, die Elterngeneration versorgen“ so etwas wie ein Leitbild für eine verlässliche Gesellschaft. BÄRBEL HAUDE, Göttingen
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