: Das Leben der anderen
Global Professionelle Helfer brauchen vermehrt interkulturelle Kompetenzen, um bei zwischenmenschlichen Konflikten vermitteln zu können
Ob der Projektleiter, der in Indonesien Formen des friedlichen Dialogs entwickelt, die Mitarbeiterin einer Beratungsstelle für Flüchtlinge oder eine Oberstaatsanwältin, die in der Türkei Journalisten bei der Demokratisierung unterstützt: Professionelle Helfer brauchen vermehrt interkulturelle Kompetenzen, um bei zwischenmenschlichen Konflikten vermitteln zu können. Das Berliner Projekt „interculture“ bietet zu diesem Zweck eine Weiterbildung zur „Interkulturellen Mediatorin“ an (siehe www.interculture.de).
Zur dort vermittelten Kompetenz gehöre das Wissen darüber, dass Auseinandersetzungen „komplex und multidimensional“ seien genauso wie die Menschen, die in ihnen gefangen sind, so Katharina Kriegel-Schmidt, eine der bei „interculture“ aktiven Ausbilderinnen. „Kultur ist insofern immer nur eine mögliche Perspektive auf eine Konfliktsituation“, ergänzt die an den Unis Jena und Cottbus zum Thema Mediation forschende Kulturwissenschaftlerin.
Wenn auch eine sehr wichtige Perspektive, alleine schon für die Vermittelnden selbst: „Mediatoren müssen wissen, dass sie keine neutralen Beobachter sind, sondern Bestandteile und Akteure in der interkulturellen Konstellation“, stellt Kriegel-Schmidt fest. Sie würden unbewusst nach bestimmten kulturellen Kategorien beobachten, interpretieren und bewerten. Schon alleine deshalb, weil sie ja selbst auch eine Ausbildung genossen hätten, die einem bestimmten Muster gefolgt ist. Interkulturelle Mediation habe insofern auch damit zu tun, eigene Grenzen zu erkennen: „kulturelle Spielarten lassen sich nicht einfach imitieren“, meint Kriegel-Schmidt.
Umgekehrt dürfe man genauso wenig die kulturelle Flexibilität von Migranten unterschätzen: „Ein syrisches Paar, das sich nach der Ankunft in Berlin trennen möchte und Unterstützungsbedarf hat bei der Frage, wie es nun weitergeht, kann sich sehr wohl von einer Berliner Mediatorin unterstützt fühlen, auch wenn der von ihr praktizierte Modus der Konfliktbearbeitung in einigen Punkten fremd erscheinen mag.“
In Zukunft müsse man sich deswegen ganz einfach daran gewöhnen, dass es verschiedene Möglichkeiten gebe, um Konflikte zu lösen, und je nach Situation auf passende Handlungsmöglichkeiten zurückgreifen. So könne im genannten Beispiel etwa eine Co-Mediation durch eine deutsche und eine syrische Mediatorin ausprobiert werden.
Auf diese Weise ließen sich, hofft Kriegel-Schmidt, im übrigen auch Probleme lösen, die durch Mehrsprachigkeit der Konfliktparteien entstehen. Ebenso denkbar seien das Dazuholen von Dolmetschern oder die Einigung auf eine gemeinsame „Lingua Franca“ wie etwa Englisch. Ansgar Warner
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