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Mit Verlaub, Eure Majestät

Böhmermann Bundesrat hat nicht über den umstrittenen Paragrafen 103 abgestimmt

Anders als vorgesehen hat der Bundesrat am Freitag in Berlin nicht über eine sofortige Streichung des Strafrechtsparagrafen 103 zur Beleidigung ausländischer Staatsvertreter abgestimmt. Die Länderkammer setzte den von Hamburg und den anderen rot-grün regierten Ländern sowie Thüringen eingebrachten Antrag von der Tagesordnung ab.

Auf der Grundlage des Paragrafen 103 war der ZDF-Moderator Jan Böhmermann vom türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdoğan wegen eines Schmähgedichts angezeigt worden.

Die Entscheidung, nicht abzustimmen, war am Mittwochabend gefallen, da sich abzeichnete, dass es für den Antrag keine Mehrheit geben würde, weil sich die Länder Baden-­Würt­temberg und Hessen wegen der unterschiedlichen Haltung in den schwarz-grünen Koa­li­tionen enthalten müssen.

Der Paragraf 103 bestraft ausschließlich die Beleidigung ausländischer Staatsvertreter. In den Fokus gerückt war er, nachdem der türkische Staatspräsident Erdoğan auf dieser Grundlage Ermittlungen gegen Böhmermann verlangt hatte und die Bundesregierung die dafür nötige Ermächtigung erteilte. Gleichzeitig kündigte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zwar auch die Abschaffung des Paragrafen an, aber erst mit Wirkung zum Jahr 2018. Die Opposition dringt auf eine sofortige Streichung.

Nicht über den Paragrafen 103 abzustimmen, war nur eine von zwei vertagten Entscheidungen des Bundesrats. Wegen Widerstands aus Ländern mit grüner Regierungsbeteiligung vertagte der Bundesrat auch eine Entscheidung über die Einstufung von Tunesien, Marokko und Algerien als sichere Herkunftsländer. Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne), der eine grün-schwarze Koalition anführt, will der Einstufung jedoch zustimmen. (epd, dpa)

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