Pädagogisches Schattengewächs

Schallplatte Er veröffentlicht House- und Techno-Sound und betreibt ein Label unter Hunderten in Berlin: Stephan Blachnik aus Friedrichshain, der Macher der elektronischen Plattform Superb Recordings. Ein Porträt

Im Fach zwischen Rolling Stones und Neil Young: Stephan Blachnik Foto: André Wunstorf

von Andreas Hartmann

Stephan Blachnik hat ein Konzept. Was er auf seinem Label herausbringt, erscheint ausschließlich auf Schallplatte. Zum Anfassen, in einer Auflage von 300 Stück, ein Teil davon als Sammleredition in buntem Vinyl. Die Cover werden von einer befreundeten Künstlerin gestaltet. Alles soll schick aussehen, man soll gleich erkennen: Ah, eine Platte von Superb. 300 Stück, das ist nicht viel. Er habe es am Anfang mit 500 versucht, das sei jedoch zu optimistisch gewesen, sagt Blachnik. Nun lebt er eben dafür, im Durchschnitt jedes halbe Jahr 300 Platten weltweit zu verkaufen.

Acht Maxis in vier Jahren

Superb Recordings heißt das Label von Stephan Blachnik. House und Techno veröffentlicht er. Seine Acts kommen aus Paris, Leipzig, Berlin. Superb ist ein relativ junges Label, vier Jahre existiert es, acht Maxis sind in dieser Zeit veröffentlicht worden. Blachnik macht also das, was in Berlin viele machen: ein eigenes, kleines Label für elektronische Musik. Mit dem Verkauf von Tonträgern kann kaum noch Geld verdient werden, erstaunlich also, wie viele Plattenfirmen für elektronische Musik das Internetportal Resident Advisor allein für die Hauptstadt ausweist: mehrere hundert. Die meisten sind Kleinstlabels, von denen man noch nie gehört hat.

Ein riesiger Aufwand sei es, erzählt Blachnik, so ein Nischenlabel zu betreiben. Einfach nur Musik zu veröffentlichen, die man gut findet, und dann hoffen, dass diese schon ihre Interessenten findet, reicht nicht. Man braucht Netzwerke und die richtigen Kontakte, viel Geduld und natürlich einen Plan. Man muss die sozialen Netzwerke befeuern, von Bandcamp bis Facebook.Klassische Vertriebe, die dafür sorgen, dass die Platten an den Mann oder die Frau kommen, interessieren sich kaum noch für Schattengewächse wie Superb, so muss Blachnik einfach alles selbst machen. Von der Auswahl der Musik, für die er sich auch bei Soundcloud auf Recherche begibt, bis hin zur Auslieferung in die Plattenläden geht alles durch seine Hände. Erst vor Kurzem hat er seinen Job als Pädagoge gekündigt, um sich nun besser um seine Arbeit in diesem überschaubaren Bereich der Musikwirtschaft kümmern zu können. Immerhin: Selbst in einem Plattenladen in Japan stehen inzwischen seine Produkte.

Dabei kann er von seinem Label längst noch nicht leben. Monat für Monat steckt er Erspartes in die Arbeit. Es ist eine Investition in eine unbekannte Zukunft. Wenn er es nicht möglichst bald schafft, seine kleine Firma auf wirtschaftlich tragfähige Füße zu stellen, muss er bald wieder in seinen alten Beruf zurück. „In erster Linie betreibe ich mein Label aus Liebe zur Musik“, sagt er.

Hinter den vielen Elektronik­labels in Berlin stehen unterschiedliche Ideen. Es geht schon los beim Format. Vinyl only, ausschließlich digital, sämtliche Formate, eventuell Veröffentlichungen auf Kassette, alle haben eigenwillige Strategien, um sich in einem unübersichtlichen Markt zu behaupten.

Einen Markt erhoffen

Es geht doch um die Frage, wofür ein Label steht. Superb, eine Plattenfirma, die Musik nach Geschmack ihres Betreibers herausbringt, für die sich dieser einen Markt erhofft, – das Prinzip der Indies also – nimmt allerdings keine Ausnahmestellung in der lokalen Musikzene ein. Viele Konkurrenten setzen zwar eher auf Crosspromotioneffekte. Partycrews, die sich einen Namen gemacht haben, gründen ein eigenes Label für ihre DJs, deren Platten wiederum die eigenen Partys bewerben. Aufmerksamkeit für die Produkte erhöht den Marktwert des DJs, wovon wiederum der Club profitiert, der meist das DJ-Booking übernimmt.

Vor allem jedoch sind es DJs, die ihre eigenen kleinen Plattenfirmen betreiben. Das eigene Label wird zur Visitenkarte. Selbst Berghain-Stamm-DJs wie Marcel Dettmann oder Steffi: Alle haben sie nebenbei noch ihre eigene Plattenfirma, in erster Linie für eigene Produktionen. Die Kette von Crosspromotion wird um ein Glied erweitert. Der Vorteil all der geschilderten Konzepte gegenüber Superb liegt natürlich auf der Hand: Das Profil der Betreiber, entstanden in einem anderen Kontext, wird einfach auf ihre Firma übertragen. Billiger ist Marketing nicht zu haben.

Stephan Blachnik hat diese Mittel für Werbung nicht zur Verfügung. Er ist kein bekannter DJ. Eher ist er noch immer der Pädagoge, der es rein in die Szene schaffen möchte. Ob seine Platten Gnade bei den Einkäufern vom Aushängeschild Hard Wax Records finden, bleibt offen, „die eine Platte nehmen sie, die andere nicht“, erzählt er. Den unbekannten Acts seines Labels werden nicht selten auch von renommierten Clubs Gagen von indiskutablen 50 Euro pro DJ-Engagement angeboten. Bekannte Namen bekommen locker das Zwanzig- bis Fünfzigfache als Gage.

„Elektronische Tanzmusik ist ein knallhartes Business in dieser Stadt“, erklärt Blachnik. Er glaubt dennoch an seine Musik, glaubt daran, dass sich sein Engagement irgendwann auch auszahlen wird. Solange er noch Erspartes hat, will er weiter machen mit Superb Recordings.

www. superbrecordings.com