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„Es bleibt ein unerträglicher Rest“

Wohnen II Menschenmit geringem Unter- stützungsbedarfhaben das Glück, selbstbestimmt leben zu können. Für die anderen fehlen Konzepte, sagt Inklusionsprofessor Michael Komorek

Michael Komorek

36, ist Professor für Inklusion an der Evangelischen Hochschule Berlin.

taz: Herr Komorek, immer mehr Erwachsene mit geistiger Behinderung wohnen in kleinen Wohngruppen, in Wohngemeinschaften oder ganz allein mit Betreuung. Wie sah es vor 30 Jahren in Berlin aus?

Michael Komorek: Zweigeteilt, so wie die Stadt. In der DDR wurden Erwachsene mit sogenannter geistiger Behinderung in den Achtzigern noch zu Hause oder in „Verwahranstalten“ untergebracht, anders kann man das nicht nennen. Da setzte ein Umdenken erst nach dem Mauerfall ein.

Und in Westberlin?

Dort hatte man im Zuge der Emanzipation bereits die Unterbringung nach dem 2-Milieu-Prinzip für sich entdeckt, das getrenntes Wohnen und Arbeiten bedeutet – das, was für die meisten von uns selbstverständlich ist. Seit den 1990ern wurde dann die individualisierte Unterbringung in ambulanten Versorgungsstrukturen stark ausgebaut – weg von den großen Komplexeinrichtungen. Berlin ist da inzwischen bundesweit Vorreiterin.

Heißt das also, dass die großen Wohnheime inzwischen abgeschafft sind?

Leider nicht. Die stärker Betroffenen, vor allem die „schwerst mehrfach behinderten Menschen“, verbleiben häufig in den Komplexeinrichtungen.

Weil sie dort besser versorgt werden?

„Schonraum“ werden diese Einrichtungen ja häufig genannt. Die Menschen leben dort ohne großen Kontakt zur Außenwelt. Aber stellen Sie sich bitte vor, Sie verbringen auch nur eine Woche in so einer Einrichtung. Sie werden jeden Tag von wechselnden Personen gewaschen und versorgt, müssen sich jeden Tag neu einstellen, ist das ein „Schonraum“?

Woran hapert es?

Leider fehlen die Konzepte, wie man stärker Betroffenen ein selbstbestimmtes Leben ermöglicht. Mich erinnert das an die Psychiatriebewegung: Die leichter Betroffenen werden in inklusiven Kontexten untergebracht. Das ist toll. Aber, so hat es einmal ein Kritiker formuliert: „Wenn man beim Leichtesten anfängt, bleibt irgendwann ein unerträglicher Rest.“ Das klingt furchtbar, aber in gewisser Weise passiert das nun auch im Leben sogenannter geistig behinderter Menschen.

Interview Manuela Heim

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