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Gängelung bleibt, Strafe wartet

Sanktionen Die EU-Kommission verschiebt mit Blick auf die Wahlen ihre Entscheidung über mögliche Bußgelder gegen Spanien und Portugal wegen hoher Haushaltsdefizite

Tourismus als Ausweg aus der Krise: Mann in einem Souvenirladen in Lissabon Foto: Rafael Marchante/reuters

Von Eric Bonse

BRÜSSEL taz | Spanien und Portugal müssen ihren umstrittenen Sparkurs fortsetzen, vorerst aber keine Sanktionen wegen zu hoher Budgetdefizite fürchten. Dies entschied die EU-Kommission in Brüssel. Über mögliche Strafen werde man erst wieder Anfang Juli beraten, sagte Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici.

„Jetzt ist nicht der richtige Moment – weder wirtschaftlich noch politisch“, begründete Moscovici die Vertagung. Wirtschaftlich gehe es darum, den Aufschwung in der Eurozone nicht zu gefährden. Die politischen Gründe wollte Moscovici nicht erläutern. Es ist jedoch ein offenes Geheimnis, dass Brüssel auf die Neuwahl in Spanien im Juni Rücksicht nimmt.

Gegen Sanktionen hatte sich vor allem Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker ausgesprochen. Der Luxemburger hat mehrfach betont, dass er einer „politischen Kommission“ vorstehe, die bei ihren Entscheidungen die Großwetterlage berücksichtigen müsse. Juncker hatte vor der Entscheidung mit dem geschäftsführenden konservativen Premier Mariano Rajoy telefoniert, der um Gnade gebeten hatte. Mit 5,1 Prozent lag das spanische Haushaltsdefizit im vergangenen Jahr deutlich über den laut Maastricht-Vertrag erlaubten 3,0 Prozent. Im laufenden Jahr rechnet die EU-Kommission mit 3,9 Prozent.

Kommissionsvizepräsident Valdis Dombrovskis hatte sich deshalb für eine Verschärfung des laufenden Defizitverfahrens ausgesprochen. Damit wären erstmals auch Milliardenstrafen möglich geworden. Spanien droht ein Strafgeld von bis zu 2 Milliarden Euro, den Portugiesen bis zu 360 Millionen Euro. Doch Juncker und Moscovici wollen mit Sanktionen warten.

Zunächst sollen beide Länder auf die Sparbremse treten, um wieder auf „Kurs“ zu kommen – genau wie Italien, Belgien und Finnland, die ebenfalls unter Beobachtung aus Brüssel stehen. Allerdings spricht wenig dafür, dass sich Spanien an diese Empfehlung hält. Rajoy hat sogar Steuersenkungen angekündigt, die das Defizit weiter in die Höhe treiben würden.

Die Entscheidung über Sanktionen dürfte im Juli daher kaum leichter fallen als jetzt. Immerhin setzt sich die EU-Kommission nicht dem Vorwurf aus, sich in den spanischen Wahlkampf einzumischen. Stattdessen muss sie sich nun vorhalten lassen, vor Strafen zurückzuschrecken – wie vor einem Jahr in Frankreich, das ebenfalls gegen die Defizitkriterien verstößt.

„Jetzt ist nicht der richtige Moment“

Pierre Moscovici, EU-Wirtschaftskommissar

Brüssel gehe zu milde mit „Haushaltssündern“ um, kritisiert der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber. Wenn das so weitergehe, müsse man über eine neue Institution nachdenken, die „tatsächlich unabhängig ist und rein auf Faktenbasis entscheidet“.

Ähnlich haben sich Bundesbankpräsident Jens Weidmann und Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) geäußert. Sie haben kaum verhohlen mit der Entmachtung der EU-Kommission gedroht – wenn die Brüsseler Behörde nicht endlich durchgreifen und säumige ­Staaten wie Spanien bestrafen sollte.

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