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Was war, was bleibt, was wird

Vererben Gutes zu tun, ohne zu wissen, wem dies eines Tages widerfahren wird: Das ist das Prinzip von Stiftungen. Was allgemeinmit großen Institutionen wie dem Nobelpreis verbunden wird, findet auch im privaten Bereich immer größeren Anklang

Nicht nur Seifenblasen: NGOs wie „Clowns ohne Grenzen“ brauchen auch Spenden Foto: T. Victor/Focus

Von Nicolas Flessa

Das eigene Vermögen posthum in ein gemeinnütziges Erbe zu verwandeln, hat zahlreiche Gründe. Häufig wird darauf verwiesen, dass keine regulären Erben vorhanden sind – und der eigene Besitz nicht, wie vom Gesetzgeber vorgesehen, nach dem Ableben an den Staat fallen soll. Ein weiterer Vorteil: Gemeinnützige Organisationen sind von der Erbschaft- und Schenkungsteuer befreit. Auf diese Weise kommt das Erbe den Begünstigten vollständig zugute.

Zahlreiche Vereine und Organisationen haben das wachsende Interesse an diesem Thema erkannt und bieten immer häufiger auch eine umfangreiche Beratung zu Erbschaftsfragen an. Eine der wohl bekanntesten Einrichtungen ist der SOS Kinderdorf e. V. Unter dem Motto „Ihr letzter Wille kann ein neuer Anfang sein“ kümmert sich in München ein zwölfköpfiges Team exklusiv um das Thema Nachlässe. Hier werden erste Fragen der Interessenten geklärt, Besichtigungen von Einrichtungen organisiert, Testamentsberatungen durchgeführt und am Ende auch die Bestimmungen und Wünsche des letzten Willens umgesetzt. Im Falle fehlender Verwandtschaft fällt nicht selten noch ein anderer Vorteil ins Gewicht. „In Nachlässen, in denen wir als Erbe eingesetzt sind, fällt uns die Aufgabe der Wohnungsauflösung, der Organisation der Beerdigung und der laufenden Grabpflege zu“, so Daniela Späth, Leiterin Nachlass- und Vermögensübertragungen des SOS Kinderdorf.

Ist die Entscheidung, das Erbe gemeinnützig anzulegen, erst einmal gefällt, kommt die Frage nach einer passenden und vor allem vertrauenswürdigen Einrichtung. Eine erste Orientierung gibt das DZI-Spendensiegel, das eine transparente, sparsame und satzungsgemäße Mittelverwendung garantieren soll. So dürfen den Statuten nach Verwaltungsgebühren einen Anteil von 30 Prozent der gespendeten Mittel nicht überschreiten. Das DZI gibt im Übrigen auch Einschätzungen zu gemeinnützigen Organisationen ohne Siegel, welche via Datenbank im Internet (www.dzi.de/spenderberatung) oder über eine individuelle Anfrage eingeholt werden können.

Um die Aufmerksamkeit für das Thema gemeinnütziges Erbe zu erhöhen, schlossen sich 2013 einige der wichtigsten gemeinnützigen Organisationen in der Initiative „Mein Erbe tut Gutes. Das Prinzip Apfelbaum“ zusammen, darunter namhafte Vereine wie Ärzte ohne Grenzen, das Deutsche Kinderhilfswerk, Greenpeace, die Right Livelihood Award Foundation und Vier Pfoten – Stiftung für Tierschutz. Die Vielfalt der Mitglieder spiegelt die Vielfältigkeit der Spender wider; einer repräsentativen Umfrage der „Gesellschaft für Konsumforschung“ (GfK) zufolge bildet das Weitergeben der eigenen Werte nicht umsonst den Hauptbeweggrund für gemeinnütziges Vererben. „Die meisten Spender wissen im Vorhinein, ob Kinder, Tiere, die Umwelt oder gar herausragende Forschung wie im Falle des Alternativen Nobelpreises die Begünstigten des eigenen Vermögens sein sollen“, so Nina Kollas, Sprecherin der Initiative. „Wir sprechen diesbezüglich keine Empfehlungen aus.“

Die meisten Spender wissen, in welchem Bereich sie etwas bewirken wollen

Auf der Webseite des Projekts (www.mein-erbe-tut-gutes.de) werden neben einem Porträt der teilnehmenden Organisationen und Ansprechpartner auch Fragen rund ums Testament und das gemeinnützige Erbe beantwortet. Was Menschen dazu bewegt, ihren Besitz posthum für einen guten Zweck einzusetzen, verraten die zum Teil sehr persönlichen Geschichten verstorbener Spender wie lebender Spendewilliger. Häufig steht ein Schicksalsschlag am Beginn eines solchen Engagements – meist Verwandte, die aus dem Leben gerissen werden. Viel häufiger aber sind es Nina Kollas zufolge gerade die positiven Erfahrungen: „Wer zum Beispiel einen außergewöhnlich guten Lehrer hatte, weiß um den Wert von Bildung. Solche Erlebnisse biografischen Glücks führen nicht selten dazu, dass man sich später im Leben – und darüber hinaus – etwa für die Ausbildung von Lehrern in Afrika oder Schülerpatenschaften in Indien einsetzt.“

So modern der Trend zum „gemeinnützen Vererben“ auch sein mag: Das Prinzip dahinter ist uralt – und durchaus nicht auf den sogenannten Westen beschränkt. Im Osmanischen Reich war es bis zum Ende des Ersten Weltkriegs gang und gäbe, Privatvermögen über gemeinnützige Stiftungen posthum zu einer Quelle nachhaltiger guter Taten zu machen. Ein interessanter Nebeneffekt: Wie der Forscher Joseph Rustom neulich am Beispiel von Beirut aufzeigen konnte, waren diese Waqf genannten Stiftungen per Definition auf Erhalt und nicht auf Gewinnmaximierung bedacht und bildeten so die Grundlage einer nachhaltigen und stabilen Vermögenssicherung. Angesichts immer lauter werdender Kritik an der gegenwärtigen Wirtschaftsordnung auch ein interessanter Gesichtspunkt.

Elf Persönlichkeiten, die sich für „Das Prinzip Apfelbaum“ mit der Frage „Was bleibt?“ auseinandergesetzt haben, sind ab3. Juni in Lübeck zu sehen, darunter Margot Käßmann und der inzwischen verstorbene Günter Grass. Die Ausstellung mit Fotos und Filmen tourt seit Dezember 2014 durch Deutschland.

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