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Virtuelle Wege wagen

INTERNET „Silver Surfer“, das klingt toll. Doch erst ein Drittel der Senioren bewegt sich im Netz. Tablet und Smartphone machen den Einstieg jedoch leichter als bisher

(Blick-)Kontakt halten: Senioren bietet das weltweite Netz diverse Möglichkeiten Foto: Hollandse Hoogte/laif

von Ansgar Warner

Frau und Herr Neumann sind Rentner – und möchten jetzt auch endlich ins Internet: So können sie mit ihrem Sohn per E-Mail in Kontakt bleiben, selbst wenn der in Australien arbeitet, komfortabel ein günstiges Hotel für die nächste Städtereise buchen oder ihre Lieblings-Radiosendung als Podcast hören. Als frischgebackene „Silver Surfer“ wären sie nicht alleine: Schon jeder zweite Deutsche über 65 Jahre ist online, so Angelika Pentsi vom IT-Branchenverband Bitkom: „Laut Angaben von Eurostat nutzen 56 Prozent der Personen zwischen 65 und 74 Jahren das Internet.“ Damit liege Deutschland in Europa mehr oder weniger im Mittelfeld. Beim „Spitzenreiter“ Dänemark seien es 84 Prozent, in Griechenland dagegen nur 13 Pro­zent.

Fragt sich nur: Wie kommt man am besten rein ins Netz der Netze? Mit Hilfe anderer Webnutzer, empfiehlt Stefanie Brandt vom Bagso, der Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen e. V.: „Für interessierte ältere ,Nonliner' sind Multiplikatorinnen und Multiplikatoren wichtige Ansprechpartner. Sie machen Mut und geben Hilfestellung.“ Das Alter sei dabei nicht entscheidend: „Natürlich können sich besonders gleichaltrige Trainerinnen und Trainer in die Situation der noch nicht so versierten älteren Internetnutzer hineinversetzen. Es gibt aber auch tolle generationenübergreifende Patenschaften und Projekte.“

Ein gutes Beispiel ist etwa das Projekt „EULE“ am Bonner Friedrich-Ebert-Gymnasium, initiiert von der mittlerweile pensionierten Lehrerin Iris Grote: Schon seit 2007 unterrichten dort „Schülerlehrer“ aus der Oberstufe ihre „Seniorenschüler“ zu allen möglichen Themen rund um die Onlinewelt, etwa Datensicherheit und Schutz vor Schadsoftware.

Aber auch im Web selbst gibt es speziell auf Senioren abgestimmte Angebote – etwa die Seniorencommunity Feierabend.de: Das Facebook für Silver Surfer hat über 180.000 Mitglieder, die sich auch vor Ort in Regionalgruppen organisieren und zu allerlei Aktivitäten treffen.

Wer für die Vorbereitung auf den Einstieg ins World Wide Web die Papierform bevorzugt, wird aber auch bedient. So bietet etwa das Bagso einen sehr anschaulichen „Wegweiser durch die digitale Welt“ an, in dem man die eingangs erwähnten (fiktiven) Neumanns bei ihrem Weg ins Netz begleitet.

Neben dem klassischen Stand-PC und Laptops geht es im Wegweiser natürlich auch um Smartphones und Tablets – denn das Browsen via Touchscreen mausert sich zum Königsweg in die virtuelle Welt: „Mobile Geräte, vor allem Tablet Computer, haben bei vielen Senioren, die Berührungsängste mit klassischen PCs hatten, den Einstieg in die Internetnutzung erleichtert. Dabei hat geholfen, dass viele Apps und mobile Websites besonders benutzerfreundlich gestaltet sind“, so Stefanie Brandt.

Tipps für Silver Surfer und solche in spe

BAGSO-Internetwoche“:Mit der 5. InternetWoche vom 29.10. bis 4.11.2016 (diesjähriges Motto „Digitale Helfer“) will die Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen alle älteren Nochnichtnutzer dazu motivieren, das Internet kennen zu lernen sowie Wenignutzern neue Themen und interessante Möglichkeiten aufzeigen. Bei der InternetWoche können Vereine und Verbände mitwirken und Workshops, Wettbewerbe etc. organisieren. www.bagso.de/aktuelle-projekte/internetwoche.html

Goldener Internetpreis:Unter dem Motto „Ältere Menschen aktiv durch die digitale Welt” prämiert der „Goldene Internetpreis” Best-Practice-Beispiele, die zeigen, wie Onlinemobilität die Lebensqualität im Alltag verbessern kann. 2015 ausgezeichnet wurden so etwa die von Silver Surfern für Silver Surfer gestaltete Website „Moment mal – Mach mit!“ aus Münster. www.goldener-internetpreis.de

digital-kompass.de:Viele ältere Menschen unterstützen andere Seniorinnen und Senioren bei ihrem Weg durchs Internet – auf dieser Plattform finden die MultiplikatorInnen Broschüren und Materialien für Schulungen und Beratungen, aktuelle Tipps sowie den Zugang zu „Video-Stammtischen“ zum Austausch mit ExpertInnen und Gleichgesinnten. digital-kompass.de (aw)

Den Trend zu besserer Verständlichkeit, Übersichtlichkeit und intuitiver Bedienbarkeit beobachtet man auch beim Bitkom – wobei die Branche vor allem auch auf geräteunabhängige Konzepte achtet: „Responsive Design sorgt zum Beispiel dafür, dass sich die Inhalte mobiler Websites automatisch an die Bildschirmgröße anpassen. Dadurch sind Buchungen oder Einkäufe, die früher auf dem kleinen Display teils umständlich waren, heute in manchen Fällen sogar einfacher auf dem Smartphone oder dem Tablet abzuwickeln als auf dem PC.“ Zudem gebe es eine Reihe von Smartphonefunktionen, die die Bedienung für Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen erleichtern. So könnten etwa sehbehinderte Menschen Spracherkennungssoftware nutzen, um einen Telefonanruf aufzubauen, eine SMS zu schreiben oder sich auch nach dem Wetter zu erkundigen. Mittlerweile, so Angelika Pentsi, würde bereits jeder dritte Deutsche über 65 Jahre regelmäßig ein Smartphone benutzen.

Beim Bagso sieht man geräumigere Flachrechner wie das iPad als besonders geeignetes Einstiegsmedium in Sachen mobiles Internet: „Es gibt einige sehr erfolgreiche Projekte, die bestätigen, dass gerade Tablets eine gute Möglichkeit für die Älteren sind, das Internet kennenzulernen. Die Maus und die Tastatur entfallen und zudem kann man es überall nutzen“, so Stefanie Brandt.

Ein spezieller Vorteil von Tablets ist mittlerweile sogar von der Wissenschaft anerkannt: Laut einer empirischen Lesestudie der Uni Mainz fällt Senioren das Lesen auf hintergrundbeleuchteten LCD-Displays deutlich leichter als die Lektüre von Printbüchern. Durch das allmähliche Nachlassen der Sehkraft werden im Alter Aspekte wie Helligkeit und Kontrast beim Schmökern immer wichtiger – und genau da bieten Tablets offenbar Vorteile gegenüber Buch oder Zeitung aus Papier. Mit anderen Worten: Silver Surfer haben auch via Touchscreen schon rein optisch den besseren Durchblick.

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