In 30 Jahren noch modern

Textil Das Männermode-Label Tom Cridland produziert Klamotten, die Jahrzehnte halten sollen. Kaputtes wird repariert oder ersetzt

Hält bis 2046. Aber passt es dann noch? Foto: Label

BERLIN taz | Nicht nur Schlagzeilen machen, sondern auch Gewinn – das schafft nicht jeder Existenzgründer schon nach zwei Jahren. Bei Tom Cridland ist es nach eigenen Angaben so. Der heute 25-Jährige Brite startete sein gleichnamiges Unternehmen in England 2014 mit dem Konzept „30 Year Collection“: Es stellt Bekleidung her, die dreißig Jahre halten soll. Darauf gibt es Garantie.

„Es geht darum, nachhaltige Kleidung attraktiver und zugänglicher zu machen“, sagt Cridland. Ein Sweatshirt etwa kostet im Onlineshop 65 britische Pfund, umgerechnet rund 83 Euro. Das ist nicht nur weniger, als man für vergleichbare Ware in Londons Luxusgeschäften ausgeben muss. Für 30 Jahre Haltbarkeit ist es auch absolut gesehen günstig.

Auf die Idee kam Cridland, als er die Dokumentation „True Cost“ von Andrew Morgen sah. Der Film zeigt die ökologischen und sozialen Kosten von billig produzierter Kleidung. Heute schickt Cridland Kopien an seine Lieferanten und Bekannten. Den Jungunternehmer stört, dass die großen Firmen Kleidung vor allem billig und kurzlebig produzieren. Und auch dass sich die Verbraucher daran gewöhnt haben, Kleidung als Wegwerfartikel zu betrachten. Nach einer Umfrage des Instituts Nuggets Market and Consulting im Auftrag von Greenpeace sagte mehr als die Hälfte der 1.011 Befragten in Deutschland, sie entsorgten Kleidung in einem Zeitraum von sechs Monaten – weil sie unmodern geworden sei oder sie Platz für Neues schaffen wollten. Nur jeder Siebte ließ Kleidung ändern oder flicken.

Dort setzt Tom Cridland an: „Das Design unserer Kleidung ist zeitlos, es kann also lange getragen werden“, sagt er. Sollte innerhalb der Garantiezeit doch ein Loch in das 30-Year Sweatshirt kommen, repariere das Unternehmen das Produkt. Im Notfall werde es ersetzt.

Erfolg mit Celebrities

Tom Cridland gründete das Start-up mit einem 6.000-Pfund-Darlehen aus einem Programm der britischen Regierung. Die Stoffe kommen aus der Provinz Biella in Norditalien. Die Gegend ist bekannt für die Produktion hochwertiger Baumwolle, auch wenn inzwischen immer mehr Manufakturen leer stehen. Viel Zeit und Energie floss anfangs in das Marketing. Cridland und Debs Marx, die das Unternehmen heute mit ihm leitet, sprachen mit Journalisten, wandten sich an Publizisten und Manager von Berühmtheiten. Schließlich trugen Schauspieler wie Leonardo DiCaprio, Rod Stewart oder Hugh Grant ihre Ware. Tom Cridland wurde zum Erfolg.

Das Geheimnis der haltbaren Kleidung: Hochwertige Baumwolle wird mit 20 Prozent Polyester gemischt, ein selbst entwickeltes Silikonverfahren verhindert, dass die Kleidung eingeht, sich verformt oder reißt.

Besteht das Produkt damit den Ökobilanz-Test? „Wir begrüßen den Ansatz, nachhaltige Kleidung zu produzieren. Wir stehen für ‚Keep it‘, also Kleidung zu behalten“, sagt Manfred Santen, Chemieexperte von Greenpeace. Silikon habe „den Vorteil, dass es die Kleidung haltbarer macht und damit nachhaltiger. Der Nachteil ist, dass die Chemie schwer abbaubar ist. Das wirft die Frage auf, wie man damit umgeht, wenn das T-Shirt dann tatsächlich in den Müllkreislauf kommt.“ Generell sei es besser, auf Silikon zu verzichten. Gegen ein Mischgewebe mit Polyester hat Santen dagegen nichts einzuwenden. „Auch bei Baumwolle ist die Ökobilanz nicht so gut, weil dafür viel Wasser verbraucht wird und oft Pestizide eingesetzt werden.“

Cridland plant derweil schon weiter: Er will junge Entrepreneure unterstützen. 10 Prozent der Firmenprofite sollen an die Wohltätigkeitsorganisationen Deki und Young Enterprise gehen, die Mikrokredite an junge Unternehmen geben.

Leila van Rinsum