: Polens Demokraten zu Gast bei den Grünen
Protest Eine Delegation der Demokratiebewegung in Polen reist auf Einladung der Grünen durch Deutschland und wirbt für Verständnis und Unterstützung ihres außerparlamentarischen Protests
Der Zeitpunkt konnte nicht besser sein: Während in Polen die größte Demonstration seit dem Ende des Warschauer Paktes stattfand, mit der sich der Protest der Zivilgesellschaft gegen die mit absoluter Mehrheit regierende „Partei für Recht und Gerechtigkeit“ (PIS) artikulierte, besuchen drei Vertreter des „Komitees zur Verteidigung der Demokratie“ (KOD) die deutschen Grünen, um für Verständnis und Unterstützung zu werben. Gestern waren sie in Bremen und stellten sich der Bürgerschaftsfraktion hier vor.
Die drei präsentierten sich nicht als Graswurzel-Revolutionäre, sondern als typische Vertreter eines Angestelltenmilieus. Aleksandra Śniegocka-Goździk aus Warschau war dabei, sie ist KOD-Mitglied der ersten Stunde und verantwortet die Medienarbeit des Komitees. Beruflich ist sie in einer Kreditkarten-Firma tätig. Als Vorsitzende des Frauenflügels der KOD hat sie gleichzeitig eine große Aufgabe, denn der Protest gegen die drohende Verschärfung des Abtreibungs-Rechtes ist möglicherweise der einzige Bereich, in dem die Protestbewegung den Nerv einer Mehrheit in Polen trifft. Drei Gattinnen ehemaliger Präsidenten haben sich jüngst gegen das von der Regierung angekündigte Abtreibungsverbot gestellt.
Jarosław Marciniak aus Kattowitz, der Leiter der kleinen Delegation, ist Mitglied im Vorstand. Er ist Politikwissenschaftler und inzwischen hauptberuflich für die Bewegung tätig. Der dritte, Artur Sierawski, ist Lehrer an einer Oberschule und Koordinator der KOD-Jugendorganisation. Er beklagt vor allem die geringe politische Bildung der Polen. Eine Stunde Politik im Gymnasium sei zu wenig.
Wie kann es dazu kommen, dass eine Partei mit absoluter Mehrheit eine derart Europa-feindliche Politik vertritt? Es gebe zwei Polen, erklärt Aleksandra Śniegocka-Goździk: das der städtischen Metropolen und das des bäuerlichen Ostens. Und, fügt Jarosław Marciniak hinzu, Polen fühle sich von der EU benachteiligt. Den Menschen ginge es vor allem darum, mehr Geld zu verdienen. Deswegen wolle die Mehrheit auch nichts abgeben für Migranten.
Wenn die Organisatoren der derzeitigen Protestbewegung es strikt ablehnen, selbst als Partei angesprochen zu werden, dann deutet das darauf hin, dass die kleinen Oppositionsparteien keinen guten Ruf haben. Das KOD jedenfalls will keine andere Regierung, sondern nur, dass die derzeitige Regierung sich an die Gesetze hält. kawe
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