: Wieder Zünglein an der Waage
Rheinland-Pfalz Malu Dreyer will eine große Koalition gern verhindern. Aber wie? Die FDP fühlt sich umworben. Die Grünen denken noch mal nach
Die strahlende Wahlsiegerin Malu Dreyer (SPD) hat eine Große Koalition, für die rein rechnerisch eine satte Mehrheit da wäre, gleich am Wahlabend als „Ultima-Ratio-Lösung“ bezeichnet. Stattdessen könnte es in ihrem Bundesland erstmals zu einer Ampelkoalition kommen.
Für eine Fortsetzung der rot-grünen Regierung ohne weiteren Partner reicht es nicht mehr. Es wäre nicht nur die erste rot-gelb-grüne Koalition in Rheinland-Pfalz, sondern auch die erste seit mehr als 20 Jahren in der Bundesrepublik.
Zumindest vonseiten der SPD aus sieht man viele Überschneidungen mit der FDP: Bei den Fragen der Infrastruktur, Bildung, auch in puncto Sicherheit ließe sich sicher ein guter Kompromiss finden. Schon mehrfach, zuletzt 1991 bis 2006, regierte man zusammen.
Doch die FDP will sich teuer verkaufen – nach dem Motto: Wenn schon wieder auf der Bühne, dann aber so richtig.
Der liberale Spitzenkandidat Volker Wissing hatte vor der Wahl angekündigt, dass es mit ihm „nur einen echten Politikwechsel“ gäbe. Auch Parteichef Christian Lindner warnte am Sonntagabend alle schon einmal alle demonstrativ, dass man nicht um jeden Preis regieren werde und im Zweifelsfall die Oppositionsbank vorzöge. Allerdings dürfte das viel Verhandlungstaktik sein.
Auch wenn zu Beginn des Wahlkampfs klar gemacht wurde, dass Schwarz-Gelb die Wunschkoalition wäre, die Liberalen schlossen rein gar nichts aus.
„Och, die FDP ist gesellschaftspolitisch schon OK“
Es waren gerade die Rheinland-Pfälzischen Liberalen, die sich nach ihrem Ausscheiden aus dem Landtag 2011 wieder stärker auf ihr sozialliberales Profil fokussieren. Sie sind wohl einer der sozial-liberalsten Verbände in der Republik.
Zum Wahlkampfabschluss rief Spitzenkandidat Wissing seinen Parteifreunden zu: „FDP wählen, große Koalition verhindern.“
Auch bei den Grünen gibt es erste positive Signale. Eveline Lemke, eine der beiden Spitzenkandidaten der Partei, würde gerne grüne Politik fortsetzen, und zwar in der Regierung. Und auch von der Basis hört man Ungewohntes: „Ach, die FDP, die ist gesellschaftspolitisch schon echt okay.“
Nun müssen sich die Grünen klar werden, ob sie das überhaupt wollen. An manchen Basismitgliedern nagt die Frustration über das Ergebnis, für das sie auch die Sozialdemokraten mitverantwortlich machen. Zudem haben sie Angst, in einer Dreierkoalition als kleinster Partner weiter unterzugehen.
Am 18. Mai soll sich der Mainzer Landtag zu seiner konstituierenden Sitzung treffen. Die alte Regierung in Mainz – also Rot-Grün – bleibt so lange geschäftsführend im Amt, bis der Landtag einen neuen Ministerpräsidenten gewählt hat – selbst nach einem Rücktritt der Landesregierung, wie aus Artikel 98 der Landesverfassung hervorgeht.
Dieser sieht nicht nur eine Ermächtigung zur Fortführung der Geschäfte vor, sondern auch eine Verpflichtung dazu. Eine zeitliche Begrenzung dafür nennt die Landesverfassung nicht, Neuwahlen sind also nicht zwingend vorgeschrieben. Alina Leimbach
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