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Berliner SzenenFrühlingsgefühle

Von Herzen

Schnell trinke ich aus, denn kalter Kaffeeist keine Option

Sonnenstrahlen in der Sonnenallee. Damit meine Rückkehr aus Südamerika nicht so hart verläuft, wurde mir der Frühling versprochen. Ich war skeptisch, aber tatsächlich taucht er an diesem Morgen auf. Die Sonne scheint, die noch nackten Bäume sehen weniger nackt aus und Menschen und Vögel sind überall fröhlich und lärmend unterwegs.

Doch was den Unterschied zum Winter wirklich ausmacht, ist, wie selbstverständlich fremde Menschen auf einmal miteinander kommunizieren. Es geht um ein Feuerzeug. Ich sitze vor der Tür eines Cafés in der Sonnenallee an der Ecke Pannierstraße. Auf einem Tisch liegt ein Feuerzeug. Eine junge Frau mit Turban und großen goldenen Ohrringen wird immer wieder nach Feuer gefragt, sie antwortet immer wieder, das Feuerzeug gehe nicht mehr. Dann macht der Raucher, die Raucherin die Runde, fragt andere Gäste. Dennoch, als Erstes wird sie gefragt. Vielleicht weil sie freundlich zu allen ist. Sie redet mit der, die neben ihr sitzt, mit dem, der einen Platz sucht, und mit dem obdachlosen Menschen, der nach Kippen sucht.

KaffeetrinkerInnen kommen und gehen, sie scheinen keine Eile zu haben. Warum sich Sorgen machen? Die Sonne zeigt wie ein Scheinwerfer auf mich und auf meinen Espresso macchiato, der mit einem Herz dekoriert wurde. Ich trinke langsam und genießend, und das Herz bleibt da. Stimmt nicht, dass in Südamerika die Leute auf der Straße offener sind und einfacher interagieren. In Berlin ist es auch so! Berliner Schnauze? Es reichen einige Grade mehr, ein paar Sonnenstrahlen, und die Stadt zeigt ihre freundlichste Seite. In meinen Gedanken verloren, merke ich nicht, dass mein Kaffee kalt geworden ist. Ich trinke ihn schnell und gehe, denn kalter Kaffee ist keine Option, ein kaltes Herz möchte doch niemand.

Luciana Ferrando

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