piwik no script img

Haider schuld an Kärntens Ruin

Finanzen Österreichs südlichstes Bundesland steht vor der Pleite. Alle Versuche, die Altlasten aus der Ära des einstigen Landeshauptmanns zu reduzieren, sind gescheitert

Von Ralf Leonhard

WIEN taz | Kärnten steht vor der Pleite. Mit der Ablehnung eines Vergleichs durch die Mehrheit der Gläubiger ist Österreichs südlichstes Bundesland demnächst zahlungsunfähig. Alle Versuche, die Altlasten aus der Ära des einstigen Landeshauptmanns Jörg Haider zu reduzieren, sind gescheitert. Das erklärte Finanzminister Hans Jörg Schelling am Montag. Österreichs Bundesländer können laut Verfassung nicht bankrott gehen.

„Kärnten ist reich!“, hatte Haider verkündet, als er 2007 die landeseigene Hypo Alpe Adria Bank der Bayern LB verkauft hatte. An diesen aus heutiger Sicht zynischen Spruch kann man den Rechtspopulisten nicht mehr erinnern. Er starb 2008 bei einem Autounfall. Die von ihm in wenigen Jahren durch freihändige Kreditvergabe an Balkanländer hochgepimpte Bank wurde wenig später vom österreichischen Staat übernommen, als viele Kredite platzten. Österreich sah sich zu diesem Schritt gezwungen, da Kärnten unter Haider eine Kreditgarantie übernommen hatte, die die Leistungsfähigkeit des Landes um ein Mehrfaches übersteigt. Derzeit geht es noch um rund 11 Milliarden Euro.

Die Hypo wurde inzwischen in eine Abwicklungsbank namens Heta verwandelt, die zuretten versucht, was zu retten ist. Denn: Wenn die Bond-Inhaber vor Gericht ein Urteil erstreiten und damit die von Kärnten garantierten Gelder eintreiben, könnten sie theoretisch alles pfänden, was sich zu Geld machen lässt. Ein Gläubigervertreter deutete bereits an, dass Kärnten über „schöne Seen“ verfüge, an denen sich die Geldgeber schadlos halten könnten.

„Kärnten verfügtüber schöne Seen“

Ein Gläubigervertreter

Finanzminister Schelling bot zwar an, 75 Prozent der Forderungen zu zahlen. Doch eine Sperrminorität von Gläubigern, die Anleihen in Höhe von 5 Milliarden Euro halten, lehnte das ab – darunter auch deutsche Banken und Versicherungen. Der Finanzminister besserte nach: Er bot eine unverzinste Bundesanleihe an, die zu 100 Prozent ausgezahlt werde. Allerdings erst nach 18 Jahren – und inklusive Inflationsverlust. Auch dieses Angebot traf auf Granit bei den Gläubigern.

Wie viele Gläubiger das Angebot abgelehnt haben, wisse er nicht, sagte Schelling. Das sei nun Sache des Kärntner Abwicklungsfonds. Die Republik sei raus „aus dem Spiel. Jetzt ist die Finanzmarktaufsicht am Zug.“ Diese muss bis Anfang Mai einen Schuldenschnitt veranlassen. Man rechnet mit einem „Haircut“ von bis zu 60 Prozent. Die Gläubiger werden wohl vor Gericht ziehen. Mit ungewissen Folgen. Eins ist klar: Wegen der hohen Kosten werden beide Seiten dabei verlieren.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen