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Popkultur verbindet

Arabischer Rap Im Acud sprachen am Samstagabend Okydoky und Chyno aus Beirut mit Stormtrap Asifeh aus Ramallah über Rap in einer globalisierten Welt, bevor sie auf die Bühne gingen

Libanon. Das Land im Nahen Osten ächzt unter den Flüchtlingsströmen aus Syrien, hat seit Monaten keinen Präsidenten mehr, wurde eben von Saudi-Arabien wegen angeblich zu großer Nähe zum Iran zum Feind erklärt, das Auswärtige Amt warnt wegen Terrorgefahr vor Reisen in weite Teile des Landes. Ein guter Bekannter war vor Kurzem dennoch in Beirut. Er berichtete von einer Stadt, die pulsiere, ziemlich europäisch wirke und in der überall gebaut werde. Bei seiner Rückkehr sei ihm Berlin unglaublich provinziell vorgekommen.

Wie weltläufig es zugehen muss in Beirut, davon bekam man auch eine ungefähre Ahnung bei einer Veranstaltung im „Acud macht neu“ am letzten Samstag. „Beats, Rhymes and beyond from the arab world“ wurden versprochen, HipHop aus der arabischen Welt.

Klar, dass es da dann aber um mehr ging als nur um fette Beats, weswegen die geladenen drei HipHop-Musiker aus dem Nahen Osten sich erst mal während eines Diskussionspanels den Fragen des Publikums stellten. Zwei von ihnen, Okydoky und Chyno, kommen aus Beirut, Stormtrap Asifeh aus Ramallah. Die drei präsentierten sich nicht als Dicke-Hosen-Rapper, die es mit ihrer Musik mal so weit bringen wollen wie 50 Cent. Vielmehr redeten hier drei überaus smarte HipHop-Musiker in allerbestem Englisch über die diffizilen Umstände, in denen sie einfach nur ähnliche Musik machen wollen wie andere in New York oder Berlin auch.

Arabischer HipHop in Japan

Bekannt sind die drei hierzulande kaum, dabei haben alle bereits Alben veröffentlicht, mit Musikern aus aller Welt zusammengearbeitet, Stormtrap Asifeh sogar mal mit den weltbekannten amerikanischen Avantgardisten vom Kronos Quartet.

Ohne das Internet, erzählen die drei, ginge wenig. Das Kronos Quartet, erzählt Stormtrap Asifeh, ist nicht etwa für gemeinsame Aufnahmen zu ihm nach Ramallah gekommen, man habe eben Files hin- und hergeschickt. Ohne das Internet hätte sich auch der Organisator des Konzerts, Shins-K, der das Panel leitet, nie so intensiv mit arabischem HipHop beschäftigen können. Shins-K kommt aus Japan und ist Kenner der arabischen HipHop-Szene. Stormtrap Asifeh wiederum, so berichtet dieser, sei durch den Kontakt mit dem Japaner Fan von japanischem HipHop geworden. „Überall sind Grenzen“, sagt Chyno, „nur durch das Internet können diese überwunden und Kultur ausgetauscht werden.“ Stormtrap Asifeh ergänzt: „Ich kann nicht einfach die Rapper in Haifa in Israel besuchen, den Kontakt zu ihnen bekomme ich nur durch das Internet.“

Die verbindende Kraft, die Popkultur immer noch haben kann, wird einem während des Talks schnell klar. Die drei berichten euphorisch davon, wie sie mit Musik sozialisiert wurden, wie Jugendliche im Westen auch. Pop, Metal, Elektronik, alles haben sie mitgenommen, bis HipHop in ihr Leben trat und alles veränderte. Sie hörten Naughty by Nature, Public Enemy und Paris und wollten schnell Musik machen wie ihre neuen Helden. Chyno arbeitete in einer Bank, bevor er Rapper wurde. Er, Sohn eines Syrers und einer Philippinerin, aufgewachsen in Beirut, ist durch die Welt gezogen, hat in Saudi-Arabien, Spanien und auf den Philippinen gelebt. Dank HipHop hat er sich auf die Reise gemacht.

Die Musik der drei ist absolut lässiger HipHop und, besonders im Falle von Okydoky, der gerade in Berlin lebt, ziemlich elektronisch und vertrackt. Sie klingt so, auch wenn Stormtrap Asifeh auf Arabisch rappt, als könnte sie auch in Neukölln, Wien oder Brooklyn produziert worden sein. Und da die drei Rapper Grenzen eben längst auch physisch überschreiten, ist sie das zum Teil auch wirklich. Andreas Hartmann

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