Als die Welt noch in Ordnung war

Spionage Das Filmmuseum Potsdam blickt im März mit einer Reihe von Agentenfilmen auf die heiße Phase des Kalten Krieges zurück

In „Lieb Vaterland, magst ruhig sein“ von Roland Klick gab es noch Ost und West Foto: Filmgalerie 451

von Andreas Hartmann

Das nennt man wohl perfektes Timing: Passend zum Gewinn des Oscars für Mark Rylance als bester Nebendarsteller in Steven Spielbergs Kalter-Krieg-Drama „Bridge of Spies“ zeigt das Filmmuseum Potsdam nun eine ganze Reihe mit Spionagefilmen. „Spion vs. Spion – Agentenfilme zum Kalten Krieg“ heißt diese, und natürlich wird „Bridge of Spies“ in diesem Rahmen auch noch einmal gezeigt werden.

Spielbergs Film, der letztes Jahr bei uns im Kino lief, wirkt wie eine Reminiszenz an ein Genre, das es mindestens noch so lange geben wird, wie sich James Bond bester Gesundheit erfreut, bei dem sich jedoch die Antipoden von einst verändert haben. Im klassischen Agentenfilm aus der Ära des Kalten Kriegs war die Sache klar: Russische Geheimdienste und deren Schergen bekämpfen Spione des Westens, und das möglichst im geteilten Berlin, wo Ost und West aufeinanderkrachten wie nirgendwo sonst auf der Welt. Inzwischen ist der Kalte Krieg Geschichte, auch wenn Putin alles dafür tut, einem das Gefühl zu vermitteln, dem sei doch nicht so, und Agenten des Westens sind heute eher irgendwelchen Warlords hinterher als Mitarbeitern des KGB .

In den Spionagethrillern, die das Filmmuseum Potsdam nun zeigt, ist die Welt jedoch noch nicht dieses unübersichtliche Konfliktsammelsurium voller Terroristen und religiöser Fanatiker, sondern sie ist noch sauber zweigeteilt in Ost und West. Die USA und die Sowjetunion, die beiden damaligen Supermächte, stehen sich gegenüber, zwei Systeme, Kommunismus und Kapitalismus, die sich nicht mit nackter Waffengewalt, sondern mit exzentrischen Geheimdienstaktionen bekämpfen. Wie „Bridge of Spies“ spielen die meisten dieser Filme ganz oder wenigstens teilweise in der ehemals geteilten Stadt Berlin, was nebenbei diese auch als Filmstandort stärkt, auch wenn Alfred Hitchcock sein Ostberlin aus „Der zerrissene Vorhang“ zum Großteil lieber in einem Hollywood-Studio nachstellen ließ. Tom Hanks jedenfalls war bei den Dreh­arbeiten für „Bridge of Spies“ wochenlang sehr gerne hier, sagt er zumindest. Auch James Bond, der in „Octopussy“ den sowjetischen General Orlov außer Gefecht setzen muss, kann zwar eine Weile lang zwischen Kuba und Indien hin und her pendeln. Aber am Ende hilft alles nichts: Die entscheidenden Dinge muss er dann doch in Karl-Marx-Stadt, vor allem aber in Berlin klären.

Geheimdienstaktivitäten beinhalten ein großes Arsenal an Schurkereien, mit dem Ziel, den Gegner zu schädigen und gleichzeitig unerkannt zu bleiben. Verdeckte Operationen, Sabotage, Geiselnahmen, Mord, das alles sind selbstredend perfekte Zutaten für einen spannenden Film. Dazu kommen reihenweise persönliche Konflikte der Figuren, die sich in ihrer Rolle als Doppelagenten aufreiben oder zu ihrem Schreck feststellen müssen, dass sie nur kleine Zahnräder in unüberschaubar großen Getrieben sind. So etwas wie ein Privatleben gibt es für sie außerdem kaum noch, und jeder potenzielle Sexualpartner, den man in einer Bar trifft, ist eventuell doch bloß ein Agent des Gegners. James Bond kann von dieser Problematik ein Liedchen singen.

Geheimdienstaktivitäten beinhalten ein großes Arsenal an Schurkereien

Zu einem klassischen Agentenfilm, der zwischen dem Ende des Zweiten Weltkriegs und dem Fall der Berliner Mauer spielt, gehört natürlich auch ein gehöriger Schuss Propaganda. Wirkliche Schurkereien begehen in den meisten dieser Streifen hauptsächlich die Büttel der Gegenseite, die in westlichen Agentenfilmen gerne als eiskalte, gehirngewaschene Sowjetfratzen ohne menschliche Regung dargestellt werden. In dem Film „Chiffriert an Chef – Ausfall Nr. 5“, der auch unter dem etwas reißerischeren Titel „Die toten Augen“ bekannt wurde, bekommt man in der „Spion vs. Spion“-Reihe gezeigt, dass es natürlich genauso auch in vielen Agentenfilmen des Ostblocks darum ging, das seltsame Treiben des eigenen Geheimdienstes wie notwendige Selbstverteidigung aussehen zu lassen. In dem Film, der Ende der Siebziger in der DDR entstanden ist und der Ende der Fünfziger in Berlin spielt, pendelt ein Student zwischen dem Osten und dem Westen der Stadt hin und her. Die CIA will den jungen Mann für ihre Zwecke einspannen, was dieser der Stasi meldet. Fortan ist er ein Doppelagent, an dessen Geheimniskrämerei seine Familie zerbricht. Aber was ist die schon wert im Vergleich zum Staat, dem man zu dienen hat. Am Ende wird dem Studenten immer klarer, was wirklich getan werden muss, und so unterstützt er den Bau einer Mauer, die inmitten Berlins hochgezogen wird.

Außer „Bridge of Spies“ und „Octopussy“ sind es eher derart vergessene, obskure und selten gezeigte Filme wie „Chiffriert an Chef“, die das Filmmuseum Potsdam in seiner Spionagefilmreihe zeigt. Darunter auch die Perle „Lieb Vaterland, magst ruhig sein“ von Roland Klick, einem deutschen Regisseur, der einfach immer noch viel zu wenig gewürdigt wird.

Spion vs. Spion – Agentenfilme zum Kalten Krieg: bis 31. 3. im Filmmuseum Potsdam