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Bissige Antiroutine

Filmpreis Von der Oscar-Verleihung in Los Angeles gingen Botschaften an die Republikaner und auch an den Vatikan aus

von Rieke Havertz

Wenigstens ist Chris Rock im Dolby Theatre in Los Angeles. Und er zieht das Thema der 88. Oscar-Verleihung durch, das im Vorfeld über den Hashtag #OscarsSoWhite für Kritik gesorgt hatte: Kein einziger Preisträger an diesem Abend ist schwarz – weil es schlicht nur weiße Nominierte gibt. „Wenn sie die Gastgeber nominieren würden, wäre ich nicht hier“, sagt Rock in seinem Eröffnungsmonolog und nennt die Verleihung den „White People’s Choice Award“. Bissig wird er, als er ankündigt, das übliche „In-Memoriam-Video“ werde nur von Polizisten erschossene Afroamerikaner zeigen. Da braucht es einen Moment, bis Hollywood, das sich so gern liberal gibt, klatscht.

Rock findet die richtige Mischung aus einem angriffslustigen, aber auch versöhnlichen Auftritt. Nichts anderes als Möglichkeiten sollten schwarze Schauspieler erhalten – und das nicht nur einmal in ihrer Karriere, sondern kontinuierlich.

Die Auszeichnungen sind bei diesem dominierenden Thema beinahe nebensächlich – und ziemlich erwartbar: Leonardo DiCaprio gewinnt endlich seinen Oscar für seine Darstellung eines Trappers in „The Revenant“, Alejandro González Iñárritu wird für seine Regieleistung ausgezeichnet. Brie Larson bekommt den Oscar als beste Hauptdarstellerin für ihre Rolle in „Raum“, der Verfilmung des gleichnamigen Romans über eine Mutter und ihren Sohn, die nach jahrelanger Gefangenschaft in einem Kellerraum entkommen.

Nur in der Kategorie „Bester Film“ gewinnt nicht der erwartbare Survival-Western „The Revenant“, sondern sehr verdient der starke Film „Spotlight“, der die Recherchen des Boston Globe über den systematischen Missbrauch in der katholischen Kirche thematisiert.

Mit zwölf Nominierungen war „The Revenant“ Favorit des Abends, doch das Endzeit-Drama „Mad Max: Fury Road“ grätscht dem im Vorfeld so gepushten Film in die Parade und gewinnt sechs Trophäen, vor allen Dingen in technischen Kategorien. Beste Nebendarstellerin wird Alicia Vikander aus „The Danish Girl“, bester Nebendarsteller Mark Rylance aus „Bridge of Spies – Der Unterhändler“.

Gaga gegen Gewalt

Gewinnerauswahl

Bester Film: „Spotlight“

Bester Regisseur: Alejandro González Iñárritu, „The Revenant“

Beste Hauptdarstellerin: Brie Larson, „Raum“

Bester Hauptdarsteller: Leo-nardo DiCaprio, „The Revenant“

Ebenso nebensächlich wie die Auszeichnungen sind die Reden, die zum Großteil nicht über das übliche Danksagungsklischee hinausgehen. Wenigstens nutzt DiCaprio die große Bühne, auf die er sich nach fünf Nominierungen hinlänglich vorbereiten konnte: „Klimawandel ist real“, sagt er vor allem an die vielen Klimawandelleugner in der Republikanischen Partei gewandt. Und die Macher von „Spotlight“ senden eine Botschaft an den Vatikan, mehr für die Missbrauchsopfer zu tun.

Für einen emotionalen Moment sorgt Lady Gaga mit der Performance ihres Songs „Til It Happens to You“ aus dem Dokumentarfilm „The Hunting Ground“, der Vergewaltigungen an US-Universitäten thematisiert. Am Ende stehen Opfer sexueller Gewalt mit der Sängerin auf der Bühne – und das Publikum erhebt sich, wie zuvor für Vizepräsident Joe Biden, der die Sängerin angekündigt hat. Der Preis für den besten Song geht dann leider an Sam Smiths uninspirierte James-Bond-Ballade „Writings on the Wall“.

Der Routine setzt Chris Rock konsequent #OscarsSoWhite ent­gegen, er befragt Schwarze in einem Kino in L. A.und stellt nominierte Filme wie „Der Marsianer“ mit schwarzen Darstellern nach. Sheryl Boone Isaacs, die erste schwarze Academy-Präsidentin, liefert hingegen einen uninspirierten Auftritt, in dem sie Hollywood anhält, mehr zu tun, und die versprochenen Reformen der Academy hervorhebt. Die zeigen sich bei dieser Verleihung allenfalls darin, möglichst viele Afroamerikaner als Preisverleiher auf der Bühne zu haben. Wenn schon keiner einen Oscar erhält.

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