: Vor allem in der Pflegefehlt es an Arbeitskräften
Integration Großer Ansturm bei der ersten Aus- gabe einer Ausbildungsmesse nur für Flüchtlinge
Es geht nicht mehr vorwärts. Mehr als 100 Menschen drängen sich dicht aneinander und versuchen einen der 24 Infostände zu erreichen. Sie sind Flüchtlinge, gekommen aus Syrien, Libyen oder Eritrea, um sich in Berlin ein neues Leben aufzubauen. Auf der Fachmesse für Praktika und Ausbildung im Haus der Wirtschaft konnten sie am Mittwoch den ersten Schritt wagen und sich über verschiedene Ausbildungswege informieren. Veranstaltet wurde die Messe von der Vereinigung der Unternehmensverbände Berlin Brandenburg e. V. und dem Institut für Talententwicklung.
„Das ist unsere erste Messe in dieser Form“, erklärt Vanessa Bohórquez-Schulz vom Institut für Talententwicklung. Normalerweise organisiert das Institut Jobmessen für Schüler. Dieses Mal richtet sich das Angebot ausschließlich an Geflüchtete. Da der Platz im Haus der Wirtschaft begrenzt ist, haben die Organisatoren gezielt kleine Gruppen von Flüchtlingen angesprochen. „Wir haben uns zum Beispiel an Mitglieder von Deutschkursen gewandt“, erklärt Bohórquez-Schulz.
Auch das Ehepaar Satam erfuhr so von der Ausbildungsmesse. Der 46-Jährige kam vor einem Jahr aus Syrien nach Berlin. „Ich habe dort als Anwalt gearbeitet“, erzählt er. Seine sechs Jahre jüngere Frau kam erst vor vier Monaten nach Berlin. In Syrien arbeitete sie als Apothekerin. Jetzt sind sie in einem Wohnheim in der Turmstraße untergebracht. „Wir sind auf der Suche nach einem Praktikum“, erklärt er in gebrochenem Deutsch.
Lothar Zakrewski vom Pharma-Konzern Bayer informiert das Ehepaar Satam über die Ausbildungswege in seinem Unternehmen. „Sie müssen erst noch viel mehr Deutsch lernen“, sagt der Mitarbeiter des Pharmakonzerns. Die Sprache sei das A und O. Um in Kontakt zu bleiben, tragen die Satams sich in eine Liste ein, anschließend ziehen sie weiter zum Stand des Deutschen Roten Kreuzes (DRK).
Dort wirbt der Landesverband für den Beruf des Pflegers und des Rettungssanitäters. „Vor allem in der Pflege fehlt es an Arbeitskräften“, sagt Ronja Kuhn vom DRK Berlin. Auch dort nehmen die Satams ein paar Flyer mit. Zuletzt zieht es die beiden zum Stand der Steuerberater. Doreen Namysl erklärt ihnen hier die Vorzüge eines dualen Studiums: „Sie sind drei Tage im Unternehmen und zwei Tage in der Schule.“ Nicht wirklich interessant für die Natams: Sie gehen zurück zu Bayer und informieren sich über die Bewerbungsfristen. „Es ist fast so wie mein alter Beruf“, sagt die ehemalige Apothekerin – für sie hat sich die Messe gelohnt. Patrick Große
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