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"Es ermutigt Populisten"

PROTEST Bremer AnwältInnen demonstrieren heute vor der SPD-Zentrale gegen das Asylpaket II

Jan Sürig

50, ist Rechtsanwalt für Asyl- und Strafrecht in Bremen. Er hat die Protestaktion der Bremischen AnwältInnen mitorganisiert.

Herr Sürig, Sie und andere RechtsanwältInnen wollen morgen gegen die Änderung des Asylrechts protestieren. Haben Sie das schon mal gemacht?

Jan Sürig: Nein. So einen Protest der Anwälte und Anwältinnen gab es meines Wissens vorher auch noch nicht.

Zwei Jahre lang kein Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte, wer ist das in Bremen?

Das betrifft Personen aus Bürgerkriegsgebieten, in denen nicht der Staat seine Bürger verfolgt sondern andere Akteure. Das betrifft Somalierinnen, denen in ihrer Heimat Genitalverstümmelung droht. Auch syrische Flüchtlinge könnten betroffen sein: Dafür muss der deutsche Innenminister die Bundesämter für Migration und Flüchtlinge nur anweisen, syrische Geflüchtete als subsidiär Schutzberechtigte zu behandeln.

Wann könnte er das tun?

Wenn der Druck von rechts zu groß wird. Das war auch der Hauptbeweggrund für die bisherigen Verschärfungen des Asylrechts.

Sie protestieren gegen die Abschiebung als „Sonderstrafe“. Was bedeutet das?

Auch wenn es um asylrechtliche Fragen geht, verlangen Rechtspopulisten und Behörden eine strafrechtliche Anwendung von Abschiebungen. Man schickt Menschen zurück, um sie für kleine Delikte zu bestrafen, die sie in Deutschland begangen haben. Abschiebungen sind jedoch schlimmer als Haftstrafen, denn es gibt keine Aussicht auf Bewährung oder Resozialisierung. Abgeschobene Menschen sind weg. Nicht umsonst empfinden viele Betroffene Abschiebungen als existenzvernichtend.

Würde das neue Asylpaket den sozialen Frieden in Bremen gefährden?

Ja, denn es ermutigt Populisten aus dem rechten Spektrum von CDU, über AfD bis NPD, Forderungen zu stellen. Das Asylpaket II zeigt, dass sie damit durchkommen.

Was bedeutet es für Ihre Tätigkeit als Rechtsanwalt?

Es provoziert eine erhebliche Erhöhung des Stresspegels bei Anwälten und den Flüchtlingen. Schon jetzt haben viele vor den unangekündigten Abschiebungen Angst. Besonders psychisch kranke Geflüchtete halten den Druck womöglich nicht aus.

Interview: Eva Przybyla

ab 11.30 Uhr, vor dem SPD-Büro, Obernstr. 39-43

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